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Archiv-Artikel

Selbstmordanschlag auf Sri Lankas Armeechef

Frau zündet Bombe im Armeehauptquartier und tötet mindestens acht Menschen. Handschrift der Tamil Tiger

DELHI taz ■ Sri Lankas Armeechef Sarath Fonseka ist gestern bei einem Selbstmordattentat lebensgefährlich verletzt worden. Mindestens acht Personen starben, darunter der Adjutant und mehrere Leibwächter des Generals. Das Attentat ereignete sich kurz vor Mittag innerhalb des Armeehauptquartiers im Zentrum der Hauptstadt Colombo.

Laut einem Armeesprecher trat eine Frau in den Weg des Konvois von Fonseka und zündete eine Bombe an ihrem Körper. Es ist unklar, wie sie in den schwerbewachten Bezirk gelangen konnte, der sich unmittelbar hinter mehreren Hotels bei der Galle-Strandpromenade ausbreitet. Der Anschlag ereignete sich, als die Wagen am Militärspital vorbeifuhren. Gerüchten zufolge soll sich die Frau als schwanger ausgegeben und unter dem Vorwand einer Krankenhaus-Visite Zutritt verschafft haben.

Bisher hat sich niemand zum Attentat bekannt. Doch trägt es zweifellos die Handschrift der Tamil Tiger (LTTE). Auch diese äußerten sich noch nicht dazu, was sie aber auch bei früheren Anschlägen nie taten. Die LTTE hat als erste militante Befreiungsorganisation vor bald zwanzig Jahren mit Selbstmordattentaten begonnen und deren Einsatz bis zur Perfektion verfeinert. Ihnen fiel eine Reihe prominenter Politiker zum Opfer. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass LTTE-Widersacher oder Gegner des Friedensprozesses das Attentat ausführten, um den Verdacht auf die Tiger zu lenken.

Der ins Stocken geratene Friedensprozess kommt nun ernsthaft ins Wanken, und der Waffenstillstand von 2002 ist in großer Gefahr, zusammenzubrechen. Der Dialog war im Februar wiederbelebt worden, als es gelang, die Widersacher zu Verhandlungen nach Genf zu bringen und dort Fortschritte zu erzielen.

Je mehr sich dann die zweite Gesprächsrunde – sie hätte am letzten Wochenende beginnen sollen – näherte, desto stärker eskalierten im Nordosten des Landes die Zwischenfälle. Sie forderten über hundert Tote, meist durch frisch gelegte Minen. Die Gespräche wurden am Samstag von der LTTE endgültig abgesagt. So war der jetzige, als Provokation gedachte Anschlag in Colombo nicht mehr nötig. Es stellt sich daher die Frage, ob es den Urhebern weniger um Sabotage der Gespräche ging als um eine neue Entfesselung des Bürgerkriegs. Es ist aber ein Rätsel, wie eine Seite nach zwanzig Jahren Krieg mit 64.000 Toten immer noch denken kann, als Sieger vom Feld zu gehen. BERNARD IMHASLY