Verbrechen in Hörsaal und Stadion

Die Ruhr Uni Bochum bietet seit kurzem den einzigartigen Masterstudiengang „Kriminologie und Polizeiwissenschaft“ an. Eine Karriere wird nicht garantiert. Dafür dürfen die Studierenden aus Justiz, Polizei und Sozialberufen während der Fußball-Weltmeisterschaft Polizisten analysieren

BOCHUM taz ■ Juristen, Polizisten und viele Sozialarbeiter kommen in ihren Jobs regelmäßig mit kriminellem Verhalten in Berührung. Seit kurzem können sie an der Ruhr Uni Bochum (RUB) zusammen studieren und ihre Erfahrungen austauschen: Im zweisemestrigen Masterstudiengang „Kriminologie und Polizeiwissenschaft“, der im Wintersemester 2005/2006 startete.

Der Studiengang soll eine Lücke im deutschen Ausbildungssystem schließen. „Er ist einzigartig in dieser Form“, sagt Diplom-Psychologe Frank Fischelmanns. Der 26-Jährige ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und hat an der Akkreditierung des neuen Studiengangs mitgewirkt. Die Idee stammt von Thomas Feltes, Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie an der RUB.

Die Kriminologie ist die Lehre vom Verbrechen. Es geht um das Verhalten von Tätern und Opfern, den (Un-)Sinn von Strafen, Ursachen und Erscheinungsformen von Kriminalität. „Eine kurze, knackige Definition von Polizeiwissenschaft gibt es nicht“, so Fischelmanns. Die junge Wissenschaft sei noch im Entstehen begriffen, ebenso ihre genauen Inhalte. Allerdings habe sie einen engeren Praxisbezug zur Polizeiarbeit als die Kriminologie, die sich eher mit Grundlagenforschung beschäftige.

25 Studierende haben sich eingeschrieben und schließen in diesem Jahr mit dem klangvollen Titel „M.A. in Criminology and Police Science“ ab. Aber was bringt der Abschluss? „Das ist nicht leicht zu beantworten, weil der Studiengang noch so neu ist“, sagt Fischelmanns. Die Karriere sollte nicht die Motivation sein das Fach zu studieren. „Es gibt keine Garantie, dass ein Polizist nach dem Studium in den höheren Dienst gelangt.“ Wichtiger sei das Interesse an den Inhalten und die Bereitschaft, sich weiterzubilden.

Der Bezug zur Praxis spielt im Studium eine wichtige Rolle. Zur Fußball-WM startet etwa ein besonderes Forschungsprojekt: Die Studierenden werden das Verhalten der Fans und Polizisten und ihre Interaktionen am Rand der Spiele beobachten und analysieren. „Dazu ist eine enge Kooperation mit der Polizei nötig“, so Fischelmanns. In den Vorlesungen werde zudem viel diskutiert. Deswegen sei der Jahrgang so klein gehalten.

Ohne Berufserfahrung von mindestens einem Jahr werden die Studierenden nicht zugelassen. Sie sind PolizeibeamtInnen, SozialarbeiterInnen, haben ein abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaften oder einen anderen geeigneten Hochschulabschluss. Da sich Verbrechen nur im Verbund von Justiz, Polizei und sozialen Berufen bekämpfen lassen, soll das Studium eben diese Berufsgruppen zusammen bringen.

Pro Semester fallen 1.400 Euro Gebühren an. „Das ist so, weil wir uns komplett selbst finanzieren“, so Fischermanns. Von Uni und Fakultät gibt es keinen Cent – das war die Bedingung dafür, dass der Studiengang überhaupt geboren werden konnte. „Im Ausland kostet die Ausbildung aber deutlich mehr.“

Im „Großen und Ganzen“ seien die angehenden Polizeiwissenschaftler zufrieden mit ihrem Studium. „Natürlich müssen wir noch einiges optimieren, was die Organisation und die Stundenpläne angeht.“ Zum kommenden Wintersemester ist zudem ein Fernstudiengang für 15 StudentInnen geplant, der mindestens vier Semester umfassen soll und sich speziell an Vollzeitberufstätige richtet. Anfragen gibt es bereits mehrere hundert. GESA SCHÖLGENS