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Archiv-Artikel

Der geehrte Judenretter

Zwei Zimmer in Leipzig zur Untermiete, immer wieder wechselnde Hilfsarbeiterjobs, von den Machthabern und manchen Kollegen geschnitten: Das Leben von Theodor Kranz während der Nazizeit war alles andere als einfach. Und doch tat der 1897 in Halberstadt geborene Mann alles, um seiner jüdischen Frau Beate zumindest ab und zu einen Lichtblick in der Zeit der Verbote, Schikanen und Verfolgungen zu verschaffen. Gemeinsam machte das Ehepaar kurze Reisen. Bis auch das nicht mehr ging.

Wegen ihrer Ehe mit einem „Arier“ schien Beate halbwegs geschützt. Doch das galt nicht für ihre Tochter Leonie aus erster Ehe, deren Mann Walter und dessen Kinder. Als diese im Februar 1943 in den Tod deportiert werden sollten, ging die junge Familie in den Untergrund. Und Theodor Kranz half ihnen, wo er nur konnte: Leonie kam zeitweise illegal in der Leipziger Wohnung unter. Später vermittelte Theodor Kranz für sie einen Unterschlupf bei Verwandten. Walter Frankenstein konnte bei einem Bekannten wohnen. Kranz kundschaftete vergeblich die Schweizer Grenze für eine mögliche Flucht aus. Er packte Lebensmittel für die Untergetauchten, als sie in Berlin lebten.

Leonie und Walter Frankenstein und ihre Kinder haben dank seiner Hilfe die Nazizeit überlebt. Kranz’ Frau Beate aber wurde denunziert, weil sie in ihrem Postausweis den Zwangsnamen „Sara“ weggelassen hatte. Sie kam nach Auschwitz und wurde dort 1944 ermordet.

Am Ende blieb nur Bitterkeit. 1959 beantragte Theodor Kranz bei den Behörden eine Entschädigung für den Tod seiner Frau. Die westdeutschen Behörden billigten ihm eine Einmalzahlung von 195,25 Mark zu. „Alle Schande, alles Leid, man glaubt es abgegolten zu haben mit 195,25 DM“, schrieb Kranz empört.

Theodor Kranz ist 1980 im Alter von 83 Jahren verstorben. Doch an diesem Montag nimmt seine Großnichte Karola Mehlhorn die höchste Ehrung für ihn entgegen, die der Staat Israel an Nichtjuden vergibt. Theodor Kranz wird „Gerechter unter den Völkern“, als Anerkennung für seine Hilfe für verfolgte Juden in der NS-Diktatur. Walter Frankenstein wird anwesend sein und seinem Retter die Reverenz erweisen. KLAUS HILLENBRAND