: WASG stimmt sich noch mal ab
Der WASG-Landesvorstand will auf einem Sonderparteitag die Vertrauensfrage stellen und sich so Rückendeckung für den eigenständigen Kurs holen. Gemäßigte Gruppe will Mitgliederversammlung
VON FELIX LEE
Die Berliner WASG geht noch weiter auf Konfrontationskurs: Im Streit mit dem Bundesvorstand über eine eigenständige Kandidatur gegen die Linkspartei bei den Abgeordnetenhauswahlen will der Landesvorstand für den 16. Mai einen Sonderparteitag einberufen. Damit will er sich von den Delegierten Rückendeckung holen, um noch offensiver gegen den Bundesvorstand wettern zu können.
„Die Beschlüsse des Bundesparteitags stehen nach unserer Auffassung im Widerspruch zum Gründungsprogramm der WASG“, heißt es in einer Stellungnahme des Landesvorstands. Er beruft sich auf eine Passage, in der eine Regierungsbeteiligung nur dann unterstützt werde, wenn dies „zu einem Politikwechsel führt“. Die Politik der Berliner Linkspartei stehe dazu im Widerspruch.
Beim Bundesparteitag am vergangenen Wochenende in Ludwigshafen hatte eine Mehrheit der Delegierten den Berliner Landesverband gerügt. Er wurde aufgefordert, die bereits im März eingereichte Wahlanzeige unverzüglich zurückzuziehen. Für den Fall, dass der Landesvorstand stur bleibe, wurde mit Gegenmaßnahmen gedroht.
„Formal waren die Beschlüsse des Bundesparteitags zwar demokratisch“, gibt Landesvorstandsmitglied Lucy Redler zu, die bei der Abgeordnetenhauswahl im September als Spitzenkandidatin antreten will. Tatsächlich seien die Beschlüsse jedoch unter erheblichem Druck und Erpressungsversuchen durch die Spitze der Bundestagsfraktion um Oskar Lafontaine und Klaus Ernst zustande gekommen. „Diese Form der innerparteilichen Entscheidungsfindung lehnen wir ab.“ In der Stellungnahme des Landesverbandes heißt es weiter: „Wo Beschlüsse gegen das Programm und gegen grundlegende demokratische Prozesse verstießen, wird Ungehorsam zur Pflicht.“ Trotzdem wollen Redler und ihre Verbündeten mit ähnlichen Drohgebärden zurückschlagen. Auf dem Sonderparteitag will der amtierende Landesvorstand die Vertrauensfrage stellen.
Ein Sonderpartei werde nicht viel bringen, sagte Klaus-Dieter Heiser von der WASG-internen Gruppe „Rixdorfer Initiative“. Diese befürwortet das Zusammengehen mit der Linkspartei. Denn auch dort würden überwiegend wieder nur jene Delegierten sitzen, die bereits schon zweimal gegen eine Fusion gestimmt haben. Heiser fordert zunächst eine Rücknahme der Wahlanzeige und dann eine Versammlung aller Berliner WASG-Mitglieder. Dort solle beraten werden, wie man aus der Krise herauskommt. „Da könnte es schon gleich ganz andere Mehrheiten geben.“
Eingeschaltet hat sich im Streit auch Landeswahlleiter Andreas Schmidt von Puskás: Die Überlegungen des Bundesvorstands, den eigenständigen Wahlantritt der Berliner WASG notfalls auch mit administrativen Maßnahmen zu verhindern, bezeichnete er als „interessant, aber irrelevant“. Das Landeswahlgesetz sehe vor, dass nur der Landesvorstand Wahlvorschläge einreichen kann, sagte er der taz. Rechtlich könne sich niemand anderes einmischen.