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Archiv-Artikel

Unter 30 Prozent

AUS BERLIN HANNES KOCH

Die Reduzierung der Steuern auf Konzerngewinne ist so gut wie beschlossen. Ab 2008 soll die Steuer von heute rund 39 unter 30 Prozent sinken. „Wir wollen die Sätze senken, weil wir wissen, dass wir in einem internationalen Steuerwettbewerb stehen“, sagte gestern Bundesfinanzminister Peer Steinbrück.

Ende Mai will Steinbrück die Einzelheiten der Reform verkünden, die Anfang 2008 in Kraft treten soll. Die Zahl von 30 Prozent selbst bestätigte Steinbrück nicht. Aus dem Finanzministerium hieß es aber, eine Unternehmensteuer „um die 30 Prozent“ werde als Ziel angepeilt. Diese Absicht stehe „in krassem Gegensatz zu den exorbitanten Gewinnen der Konzerne“, kritisierte daraufhin Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag. Grünen-Vorsitzender Reinhard Bütikofer betonte, dass die große Koalition einerseits die Unternehmen entlaste, andererseits die Verbraucher durch die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer zusätzlich belaste.

Die Gewinnsteuer für Kapitalgesellschaften (AGs, GmbHs) setzt sich zusammen aus der Körperschaftsteuer (25 Prozent) und der Gewerbesteuer mit etwa 14 Prozent, die die Kommunen erheben. Um die Bedingungen für Unternehmen in Deutschland den teilweise sehr viel günstigeren Umständen im Ausland anzupassen, hat sich die große Koalition darauf verständigt, die hiesigen Abgaben zu senken.

Der Sachverständigenrat der Bundesregierung und die Stiftung Marktwirtschaft haben Vorschläge dafür gemacht. Die Pläne würden bewirken, dass der deutsche Staat zunächst rund zehn Milliarden Euro weniger zur Verfügung hätte als heute. Die beteiligten Wirtschaftsforscher suggerieren, diese anfänglichen Verluste würden nach einigen Jahren dadurch ausgeglichen, dass die Unternehmen wegen der niedrigeren nominellen Steuersätze einen größeren Teil ihrer Gewinne im Inland versteuern. Offiziell rechnet auch die große Koalition nicht mit dauernden Mindereinnahmen. Union und SPD haben sich darauf festgelegt, dass die Reform „aufkommensneutral“ ablaufen soll. Daher erklärte Finanzminister Steinbrück gestern, er wolle die „Bemessungsgrundlage“ für die Steuererhebung verbreitern, also Steuerschlupflöcher für Konzerne verschließen. Wie dies tatsächlich aussehen wird, blieb zunächst unklar.

Steinbrücks Pläne stehen in gewissem Gegensatz zu einer Ankündigung, die der designierte SPD-Chef Kurt Beck gemacht hatte. Dieser hatte dafür plädiert, die finanzielle Ausstattung des Staates nicht weiter zu schmälern. Das System der sozialen Sicherung bleibe nur dann bezahlbar, wenn ausreichend Steuern zur Verfügung stünden, so Beck.

Im Koalitionsausschuss am Montagabend hat Peer Steinbrück vorgeschlagen, die Unternehmensteuer bereits zum 1. Januar 2007 zu reduzieren. Dieser Plan war mit der Union aber nicht abgestimmt. Der Koalitionsausschuss beschloss, beim alten Zeitplan und der Einführung 2008 zu bleiben.

Mit seinem Vorschlag wollte Steinbrück die Reform der Unternehmensteuer mit der so genannten Reichensteuer verbinden. Die von der großen Koalition beschlossene Zusatzbelastung für Wohlhabende ließe sich juristisch weniger leicht angreifen, wenn zur gleichen Zeit auch die Belastung des gewerblichen Mittelstandes neu geregelt würde. Außerdem wollte Steinbrück mit seiner Unterstützung für die Reichensteuer die SPD-Linke für die Senkung der Konzernsteuer gewinnen.