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Archiv-Artikel

Tabula rasa, das neue Konzept

Trotz dutzender von Solidaritätsadressen wurde der Kito-Geschäftsführer Linke gefeuert und Ehrenvorstand Krauß buchstäblich vor die Tür gesetzt. Damit ist das alte Kito tot

Die Liste der Sympathie-Briefe für das Vegesacker Kulturzentrum Kito ist lang: Von Björn Engholm, dem früheren Kieler Ministerpräsidenten, bis zu Ernst Uhl, dem ehemaligen Schriftführer der Bremer Evangelischen Kirche reicht sie. Dietrich Kittner hat geschrieben, Oskar Lafontaine und Matthias Deutschmann. Dutzende von Künstlern quer durch die Republik, die alle betonen, dass sie gern im Kito aufgetreten sind und die Arbeit seines Geschäftsführers Stefan Linke schätzen.

Das interessiert die Bremer Kulturverwaltung nicht. Linke ist entlassen, der Steuerberater Ulrich Mayer ist komissarisch zum Geschäftsführer des Kulturzentrums eingesetzt. Am Montag dieser Woche war der Vorstand des Vereins Altes Packhaus zusammengerufen, um im Nachhinein dieses Vorgehen abzusegnen.

Hermann Krauß, der vor 20 Jahren das Kito erfunden hatte und heute „Ehrenvorsitzender“ des Vereins ist, wollte teilnehmen. Ultimativ erklärte der Vorsitzende Volker Kolz, er werde nicht mit der Sitzung beginnen, wenn Krauß nicht den Saal verlassen würde. Dann wurde strenge Vertraulichkeit verabredet.

Kolz hatte sich vor wenigen Wochen noch den Plänen der Kulturbehörde widersetzt. Noch am 2. März hatte er Mayer als Steuerberater rausgeworfen mit der schriftlichen Begründung, „dass wir keine weitere Zusammenarbeit mit Ihnen in Anspruch nehmen wollen“. Aber die Kulturbehörde drohte mit der Sperrung der Zuschüsse und damit mit der Insolvenz des Kito – offenbar hat das gewirkt.

Nachdem der „Kulturbahnhof“ (Kuba), das andere Kulturzentrum in Vegesack, erst mit großer CDU-Unterstützung teuer ausgebaut wurde, ging er in die

Insolvenz und steht seitdem weitgehend leer. Nun hat auch das Kito seine beiden Köpfe – den Geschäftsführer und Krauß – verloren. Der Steuerberater kann nur von Linke geplantes Programm abwickeln, und der Vorstand hatte sich bisher um die künstlerischen Dinge in seinem Haus nicht gekümmert.

Zwischen CDU und SPD gibt es dennoch großes Einvernehmen im Vorgehen in Bremen-Nord. Man müsse dort „Abstand zu allen Seilschaften gewinnen“, rechtfertigt zum Beispiel Carmen Emigholz (SPD) die Kulturpolitik in Vegesack. Nur die kleineren Parteien, FDP und Grüne, protestieren heftig. Denn „Stärkung des Ehrenamts durch ein professionelles Management“ steht als Ziel der Operation in dem Entwurf eines Kulturkonzeptes für Bremen-Nord. Viele der Ehrenamtlichen aus Bremen-Nord, die vor drei Jahren noch für ihre jeweiligen Häuser gearbeitet und gestritten haben, sind inzwischen vollkommen abgenervt – alle Fäden laufen „in der Stadt“ zusammen, also in den Händen von Personen, die nicht in Vegesack wohnen.

So soll am kommenden Montag der Beirat über das Kulturkonzept für Bremen-Nord beraten – die Fakten sind allerdings vorher längst geschaffen. Und damit ist auch klar, dass die Personen, die bisher das Profil der Einrichtungen bestimmt haben, weg sind – die Formel aus dem Kulturkonzept des Senators, dass Bürgerhaus, Kito und Kuba unter einem professionellen Dach ihr eigenes Profil entwickeln sollten, bleibt da ziemlich leer. Aus dem streng vertraulichen Personalkosten-Tableau des Konzeptes von Kultursenator Jörg Kastendiek (CDU) geht hervor, dass für das „Profil Kito“ wie für „Profil kuba“ und „Profil Bürgerhaus“ jeweils eine Halbtagskraft vorgesehen sind – da ist weniger als für die Reinigung der Kulturzentren eingestellt, sagt Krauß sarkastisch.

Ob und wann und wie das Konzept umgesetzt wird, steht derzeit noch in den Sternen. Erst müsse mit vielen Beteiligten darüber diskutiert werden, sagt Carmen Emigholz. Die Diskussion wird dauern, vielleicht bis in den Herbst. Klar ist nur, dass das Kito in der langen Interims-Zeit den Gang des kuba geht – es wird mehr leer stehen. Auch das spart natürlich Geld.

Der spannende Streit wird dann über die Frage gehen, wer der „Kulturmanager“ wird, der nach dem Konzept des Senators alles bestimmen soll in Bremen-Nord. 60.000 Euro sind für den vorgesehen in dem Personaltableau. Manche Beobachter sagen, dass der „Moderator“ Axel Adamietz, der den Steuerberater Mayer mitgebracht hat, sich immer mehr in diese Rolle hinein bewegt. Die beiden ziehen inzwischen die Fäden in allen drei Einrichtungen, Bürgerhaus, kuba und Kito.

Im vergangenen Jahr hatte sich auch Florian Kruse für den Job interessiert. Zwischenzeitlich wurde er Pressesprecher des Kultursenators und sagt „kein Kommentar“ auf die Frage, ob er sich heute auch noch vorstellen könnte. Klaus Wolschner