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Archiv-Artikel

Hamas-Regierung ist in Schweden hoffähig

Stockholm erteilt Flüchtlingsminister samt Delegation Schengen-Visa, um an einer Konferenz teilzunehmen. Damit reisen erstmals Vertreter der palästinensischen Regierung in die EU. Scharfe Kritik aus Israel und Frankreich

STOCKHOLM taz ■ „Es ist ein Anfang, und dafür möchte ich mich bedanken.“ Von einer Wende zu sprechen, vermied Atef Adwan, Flüchtlingsminister in der palästinensischen Regierung. Doch die Tatsache, dass mit der Visumerteilung an ihn und seine Delegation erstmals Mitglieder der Hamas-geführten palästinensischen Regierung in der EU willkommen seien, „schätze er sehr“.

Am Wochenende war Adwan nach Malmö gekommen. Dort hatten eine palästinensische Konferenz und ein Volksfest stattgefunden, wozu PalästinenserInnen aus vielen europäischen Ländern angereist waren. Das schwedische Generalkonsulat in Jerusalem hatte Advan dafür ein Schengen-Visum erteilt.

Dieser Vorgang hatte vor allem heftigen Protest seitens Israels ausgelöst. Stockholm wurde vorgeworfen, allen internationalen Anstrengungen in den Rücken zu fallen, die mit dem Hamas-Boykott „positive Veränderungen“ erreichen wollten. Israels Stockholm-Botschafter Eviatan Manor sprach von der „Legitimation der Repräsentanten einer Terrororganisation“ und fragte im Stockholmer Svenska Dagbladet: „Sollen nun auch Al-Qaida-Mitglieder ein Visum bekommen?“

Schwedens Ministerpräsident Göran Persson wies die Vorwürfe Israels zurück. Es gelte Hamas als Terrororganisation und die Visumserteilung für einzelne Personen auseinander zuhalten. Außenminister Jan Eliasson betonte, man halte sich an die EU-Linie, keine politischen Kontakte mit Hamas zu haben. „Aber es existiert kein Einreiseverbot.“ Im Übrigen gebe es „eine sehr lebhafte Debatte“ zur Frage des Boykotts der palästinensischen Regierung in der EU.

Frankreich warf Schweden vor, das Land sei nicht den im Schengen-Abkommen vorgesehenen Routinen gefolgt. Ansonsten hätte Frankreich ein Veto gegen den Besuch eingelegt. Diesen Vorwurf wies Stockholm zurück. Alle EU-Staaten seien vor der Visumerteilung informiert worden und hätten eine Woche Zeit gehabt, um sich zu äußern. Zudem habe der schwedische Generalkonsul in Jerusalem, Nils Eliasson, am Dienstag vergangener Woche alle diplomatischen Vertretungen der EU in Jerusalem konsultiert und die Personen präsentiert, denen Schweden Visa auszustellen beabsichtigte. Erst als auch im Gefolge dieses Treffens keine Einwände kamen, seien die Visa erteilt worden.

Unmittelbar nach dem Hamas-Wahlsieg hatte Atef Adwan in einem Interview mit schwedischen Medien hervorgehoben, dass er gegen eine Zweistaatenlösung sei. „Wir kämpfen gegen die Okkupation ganz Palästinas. Die Juden können weiter als unsere Nachbarn leben, aber keinen eigenen Staat haben.“

Bei seinem Auftritt in Malmö vermied der 53-Jährige solche Töne. Er präsentierte sich als sozial engagierter Flüchtlingsminister und schloss die Möglichkeit der Existenz eines jüdischen Staats neben einem palästinensischen nicht mehr grundsätzlich aus: „Es gibt genug Platz.“ Er sprach davon, in erster Linie die palästinensische Regierung zu repräsentieren und gab seiner Hoffnung auf bessere Beziehungen zur EU Ausdruck. Gleichzeitig kritisierte er scharf den Boykott: „Unsere Kinder haben keine Milch mehr zu trinken und unsere Studenten kein Papier. Unser einziges Verbrechen ist, dass wir eine demokratische Wahl veranstaltet haben.“ REINHARD WOLFF