IM MUSCHI OBERMAIER
: Emergency Ruhm

Eine zweite Chance für Ballonmetaphern!

„Das Leben ist wie ein Heißluftballon, man muss immer mehr Sandsäcke abwerfen, um nach oben zu kommen! Und diese Sandsäcke sind gefüllt mit Idealen und Moralvorstellungen.“ Ich verdrehte insgeheim die Augen und fragte mich, aus welchem Groschenroman sie diese grauenhafte Weisheit wohl geklaut hatte. Doch ich nickte brav und goss noch etwas Wein nach, nicht ohne anzumerken, dass ich das Ganze noch nie aus diesem Blickwinkel betrachtet hätte.

„Wie Mark Twain schon sagte, die Wahrheit ist ein so kostbares Gut, dass man sparsam mit ihr umgehen sollte.“ Stellte sie erneut fest. Und verdarb mir langsam sogar den üblichen Spaß am hemmungslosen Betrinken. Zitate um der Zitate willen? Pfui bääh! Im „Muschi Obermaier“ sind solche Gespräche zwar an der Tagesordnung, aber nicht an meinem Tisch, also versuchte ich, das Thema auf etwas anders zu lenken. Wir sprachen über Filme (nur noch zu unterbieten durch Wettergespräche), nur um nicht über ihre Lebensweisheiten zu diskutieren, sie schwärmte infantilerweise von George Clooney.

„Von Emergency Ruhm zu Weltruhm“, war mein Kommentar, doch ihre Mundwinkel bildeten weiter eine Parallele zur Tischkante. Einen letzten Versuch wollte ich starten, nicht einfach aufgeben, schließlich hatte ich schon zwei Karaffen Wein bezahlt, und na ja, auch Frauen mit Heißluftballon-Metaphern haben eine zweite Chance verdient.

Wenn ernsthafte Gespräche langweilig werden, hilft es, ins Absurde abzugleiten. Also erzähle ich, dass ich ein Musical über David Koresh, den Sektenführer von Waco, plane, das Finale im brennenden Bühnenbild sei ein Erfolgsgarant, die Idee so gut wie verkauft.

Sie schätzte die Erfolgschancen deutlich niedriger ein, und um sie lächeln zu sehen, hätte man sie auf den Kopf stellen müssen. Hab ich dann auch einfach noch gemacht.

JURI STERNBURG