: Wohlfühlanrufe für Einsame
EHRENAMT Elsbeth Rüttens Verein Ambulante Versorgungsbrücken hilft alten Menschen auch per Telefon
Sie plaudern über das Wetter, die Enkelkinder und das Mittagessen. Manchmal ist das Gespräch intensiv, manchmal zäh. Wenn Sieglinde Schmidt-Schäfer beim Verein Ambulante Versorgungsbrücken den Telefonhörer in die Hand nimmt, ist sie bereit, sich ganz auf ihre Gesprächspartner einzulassen. „Wenn sie von früher erzählen, ist es richtig interessant und lebendig. Da merkt man, wie sie aufblühen“, sagt die 65-Jährige, die ehrenamtlich einmal in der Woche sogenannte Wohlfühlanrufe macht.
„Hausbesuche per Telefon“ nennt die Vorsitzende des Vereins, Elsbeth Rütten, den nach ihren Angaben bundesweit einmalige Service, den es seit 2012 gibt. „Es ist kein Angebot für Krisen“, erklärt sie. „Wir sind die Dauerbegleiter.“ Mit ihren Anrufen wollen Rütten und ihre zehn ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Nähe vermitteln und Menschen den Alltag verschönern. Derzeit haben rund 60 Frauen und Männer im Alter von 55 und 95 Jahren Wohlfühlanrufe gebucht. Sie kommen aus ganz Deutschland und können je nach Wunsch bis zu sechs Mal pro Woche mit den Bremer Frauen plaudern. Manche wünschen sich feste Uhrzeiten, andere wollen gerne überrascht werden. Die meisten Gespräche dauern bis zu 30 Minuten. „Aber bei uns schaut keiner genau auf die Uhr“, sagt Rütten.
Die Kosten für ein dreimonatiges Abo liegen je nach Häufigkeit der Anrufe zwischen 35 und 90 Euro. „Die Hälfte der Menschen, die wir am Telefon begleiten, bekommt die Anrufe von ihren Angehörigen geschenkt“, erzählt die 65-jährige Rütten. Wer berufstätig sei und eigene Kinder habe, könne seinen alten Eltern oft nicht so viel Zeit schenken, wie diese sich wünschten. So rufe sie zum Beispiel drei Mal in der Woche eine alte, demente Frau an, die sich immer riesig freue. „Wir singen zusammen, ich lasse mir ihre Geschichte erzählen. Das sind jedes Mal die gleichen Inhalte. Wir spazieren durch ihr Leben, so wie sie es bestimmt.“ Für die Frau sei dies eine große Freude, für deren Tochter eine enorme Entlastung.
Schmidt-Schäfer, die einmal in der Woche für ein paar Stunden im Büro der Ambulanten Versorgungsbrücken telefoniert, ist nach ihrer Arbeit geschafft, aber zufrieden. Auch wenn es ab und zu schwierige Gespräche gibt, empfindet sie die Wohlfühlanrufe als große Bereicherung. „Man lernt ganz viele Schicksale kennen. Manche sind hart, da kommt man immer wieder auf die Erde zurück“, sagt sie. (epd)