: Die Ein-Euro-Rhododendren
Kassiererinnen, die nicht kassieren und eine gewöhnungsbedürftige Farbenpracht, die wochentags nur wenig Bewunderer anzieht: Der Baedeker-gerühmte Rhododendronpark blüht still vor sich hin
von Eiken Bruhn
Wunderschön muss der Rhododendronpark sein, „das steht sogar im Baedeker“, sagt die Frau aus Sachsen, die sich auf Kurzurlaub in Bremen befindet. Sie kommt gerade aus der Herculaneum-Ausstellung im Focke Museum, gestern war sie im Bürgerpark, nach einer kurzen Verschnaufpause steht gleich die baedeker-gerühmte Rhododendronblüte auf dem Programm.
Nur eine einzige Rhododendrensammlung auf der Welt habe mehr zu bieten als der Horner Park, preist die Broschüre „Fragen und Antworten zum Thema ‚Eintritt‘“, die an den drei Kassenhäuschen ausliegt. Kassiert wird dort bekanntlich nicht, nachdem genug Spenden zusammen gekommen waren, die statt Besuchergeldern das Defizit von 260.000 Euro ausgleichen konnten. Die zwei Millionen, die Bremen bisher für den Park hatte jährlich springen lassen, sollen reduziert werden, im nächsten Jahr um 400.000 Euro. Die vorsorglich gedruckte Broschüre erklärt, dass die Pflege der Anlage so teuer ist, dass man auf die Mehreinnahmen aus Eintrittsgeldern nicht verzichten kann. Andernfalls könnte man sich die Zucht der Rhodo-Raritäten nicht mehr leisten und müsste diese und andere Pflanzen durch Rasenflächen ersetzen. Acht Euro hätte zwischen dem 1. April und dem 30. Juni der Beitrag zur Erhaltung des Rhododendrons in seiner Pracht und Vielfalt pro Person kosten sollen, jetzt setzt man auf freiwillige Spenden. 18 Cent spendeten die Besucher im Schnitt, zu wenig, um den Unterhalt im nächsten Jahr zu sichern.
Aber wie viel ist die Besichtigung der knallbunten Blüten wert? „Einen Euro, damit liegen Sie nicht verkehrt, aber an Ihrer Stelle würde ich nichts zahlen“, rät eine Anwohnerin. „Die vor Ihnen haben jeweils einen Euro gespendet, aber das liegt ganz an Ihnen“, sagt die Kassiererin, die sich die Postleitzahl derjenigen notiert, die freiwillig etwas abdrücken. Damit wolle man herausfinden, ob die Auswärtigen bereit sind, mehr in den Parkbesuch zu investieren, erklärt ein Kollege. Eine Tendenz zeichne sich bereits ab: „Die Bremer zahlen weniger als die Auswärtigen.“ Der Trost: „Wahrscheinlich kommen sie aber häufiger.“
Im Park sind die Einheimischen daran zu erkennen, dass sie statt kleiner silberfarbener Digitalkamera ihren Hund oder einen Kinderwagen mit sich führen. Viele Menschen sind es nicht, die am frühen Freitag Nachmittag durch die weitläufige Anlage streifen, etwa 350 haben bis halb drei die Kassenhäuschen passiert, darunter eine Reihe Schulkinder auf dem Nachhauseweg. Vor allem dort, wo riesige Rhododendren großzügig auf Wiesen verteilt stehen, verliert sich kaum noch jemand hin, die Autobahn treibt Lärmempfindliche in musealere Ecken, wo die Immergrünen in Reih und Glied gepflanzt sind.
Die Frau aus Sachsen muss eine von denen sein, die den weitesten Weg hatten. Kein Reisebus wartet auf Seniorengruppen aus dem Westfälischen, auf dem Parkplatz stehen vor allem Wagen mit Kennzeichen aus Bremen und umzu, Wilhelmshaven, Leer, Hannover. „Sind halt keine Ferien“, sagt die Kassiererin und dass eigentlich viel los sei für einen Wochentag. Am Sonntag sei mehr los, bestätigen regelmäßige Parkbesucher, 1238 sollen es nach einer Zählung des Umweltsenators am Ostersonntag gewesen sein.