: In dubio pro Blümchensex
Nicht gegendarstellungsfähig: Jony Eisenbergs juristische Betrachtungen. Heute: Von Kannibalen und Erlösern
Nehmen wir mal an: Ein Mann ergibt sich seinen Neigungen nach blutrünstigem Schlachtsex: Jahrelang tummelt er sich in Verspeisforen im Internet. Aus seiner Tötungslust macht er keinen Hehl. Am Ende trifft er auf einen Ingenieur, dem das Leben zur Hölle wird, weil er sich nach dem Geschlachtet- und Gefressenwerden – vergeblich – verzehrt. In seinen – des Täters – kühnsten Träumen stellte der sich vor: kennen lernen, quälen, Genital amputieren, gemeinsam mit dem Opfer das Amputat verzehren, umbringen, festgenommen werden, sodann in einem „Das Blümchensex-Urteil“-geilen Prozess wegen Mordes (!) zu lebenslanger Haft verurteilt werden, anschließend aufreizende Haft in einem hessischen Privatknast mit Quälerei durch die Mitgefangenen: Er ist ja schließlich pervers. Handtaschenräuber, Totschläger, Kinderficker und was sonst so in deutschen Knästen vegetiert, mögen Perverse bekanntlich nicht und greifen gerne zu quälerischen Zucht- und Beugemitteln.
So kann es kommen, wenn sich einer töten lassen will und der andere tötet. Stellen wir uns doch wahlweise mal vor, was dem Ingenieur widerfahren wäre, wenn die Justiz seine Neigung zu Lebzeiten entdeckt hätte: Der Mann wäre unter Vormundschaft gestellt, psychiatrisiert worden, hätte Medikamente bekommen, und (wenn das alles seine Todessucht und sein Bedürfnis, den eigenen Schwanz zu verspeisen, nicht gestillt hätte, wovon wir ausgehen können), dann wäre er operiert worden, vielleicht am Hirn, um sein Sexualzentrum auszuschalten, vielleicht auch am Geschlecht. Verurteilt dazu, damit dann weiter zu leben! Bis der „natürliche“ Tod ihn erlöst.
Die Chance auf den selbst herbeigeführten Tod unterscheidet den Menschen vom Affen. Aber nicht in Deutschland: Hier kann man nicht nach seiner Fasson selig werden, jedenfalls nicht, wenn man den Blümchensex-Richtern in Karlsruhe und Frankfurt in die Hände fällt. Sich schlachten und fressen zu lassen jedenfalls ist und bleibt verboten, bei Strafe einer lebenslangen Haft für den Erlöser.
Unser Autor ist Rechtsanwalt und Strafverteidiger in Berlin