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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Ein Auslandsgeheimdienst, der inländische Journalisten auf Kollegen hetzt, wirft erneut die Frage auf, wofür man bewaffnete Zeitungsschnippsler heutzutage überhaupt noch braucht

Von SR
Ist Föderalismus nur ein Relikt? Man muss nicht sehr tief in der Vergangenheit wühlen, um auf Katastrophen des deutschen Zentralismus zu stoßen

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Spitzenwetterchen während der Arbeitszeit, Matsche am Wochenende.

Was wird besser in dieser?

Durchgehend Matsche.

Bundestag und Bundesrat werden sich die die ganze Woche lang mit der Föderalismusreform befassen. Sie soll das Meisterstück der großen Koalition werden. Aber es gibt viel Kritik – etwa, dass der Bund in der Bildung gar nichts mehr zu sagen hat. Brauchen wir diese Reform?

Eine Föderalismusreform brauchen wir vielleicht, diese aber nicht zwingend: Der Bund kauft sich hier die Chance, nur noch rund halb so viele Gesetze wie bisher mit den Ländern abstimmen zu müssen. Um den Preis, dass die Länder von Bildung bis Strafvollzug künftig munter in alle Richtungen kirchtürmeln können und Verwaltungsvorschriften des Bundes in allen Ressorts ignorieren können. Tendenz: Der Bund kann, wie man so schön sagt, durchregieren, die Länder müssen sich nicht drum scheren. Alle fröhlich, nichts erreicht.

Gibt es noch Chancen auf Nachbesserungen – oder machen das die Ministerpräsidenten nicht mit?

Bei der Bildung werden die Sozialdemokraten noch reinverhandeln wollen, dass der Bund sich in die Bildungspolitik finanzschwacher Länder einkaufen kann. Das ist das, was ich an der ganzen Nummer gar nicht verstehe: Über die finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern will man abgetrennt, nach der Reform, reden.

Ist der bundesdeutsche Föderalismus noch mehr als ein lästiges Überbleibsel, das abzuschaffen leider niemand die Macht hat?

Hm. Zentrifugalkräfte wie in Italien, Spanien, von einem Zwangsbund wie Jugoslawien mal ganz abgesehen, hatte Deutschland durch weitgehende Rechte für die einzelnen sogenannten deutschen Stämme nicht zu gewärtigen. Ich möchte weder das Risiko einer Radikalisierung à la Lega Nord eingehen, noch muss man sehr tief in der Vergangenheit wühlen, um auf Katastrophen des deutschen Zentralismus zu stoßen.

Die Ärzte streiken und streiken. Zu Recht? Wer ist schuld, dass es keine Einigung gibt?

Keine Ahnung. Da meine Mutter gerade im Krankenhaus liegt, schließe ich mich der 30-Prozent-Forderung der Ärzte vorbehaltlos an.

Ver.di streikt auch noch immer. Seit nunmehr drei Monaten. Wird Frank Bsirske diesen Streik als Ver.di-Chef überleben? Und lohnt das Streikziel – keine längere Wochenarbeitszeit?

Es ist ein schmutziger Job, aber einer muss es tun. Es geht um das Management der Verschlechterung, ein in der bundesdeutschen Geschichte neuer Vorgang. Ver.di ist stark genug, auch für andere Gewerke Modelle zu entwickeln.

Der Bundesnachrichtendienst BND hat Journalisten bezahlt, damit die Kollegen bespitzeln. Überrascht Sie das? Und wie kann man so etwas künftig verhindern?

Es schält sich heraus, dass der BND seine illegale Plutonium-Aktion aus der Schmidbauer/Kohl-Zeit kritischer Berichterstattung entziehen wollte. Ein Auslandsgeheimdienst, der inländische Journalisten auf Kollegen hetzt, ist schon ’ne hübsche Umschreibung für „sonst nix Besseres zu tun“ und wirft erneut die Frage auf, wofür man bewaffnete Zeitungsschnippsler heutzutage überhaupt noch braucht.

Am Samstag steht in Athen mal wieder der unvermeidliche Eurovision Song Contest an. Wie viele Punkte hat Germany mit „Texas Lightning“ verdient?

Kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so wie hier Titel und Melodie eines deutschen Beitrages nicht innerhalb einer Hundertstelsekunde vergessen hatte. Also das ist ein nettes Lied und ja auch eine zeitgemäße Geste deutsch-amerikanischer Freundschaft.

Und was macht Borussia Dortmund in der nächsten Saison?

Ätscht den Bayern in die Feier, sieht noch mal den schmerzlichen Verlust Kollers und richtet sich auf die nächste Nichtabstiegssaison ein. FRAGEN: SR