Undercover war angeblich nur Sonderfall

Der frühere BND-Chef Geiger weist den Vorwurf zurück, er habe die Bespitzelung von Journalisten angeordnet

Der Geheimdienstkritiker Schmidt-Eenboom sieht sich vom BND falsch wiedergegeben

BERLIN taz ■ Alte Feindschaften setzen sich fort: Der frühere BND-Präsident Hansjörg Geiger wehrt sich gegen die Behauptung des Exgeheimdienstkoordinators Bernd Schmidbauer, er habe die Bespitzelung von Journalisten in seiner Amtszeit zwischen 1996 und 1998 angeordnet. „Zu meinem Amtsantritt habe ich ausdrücklich verfügt, dass der BND keine Journalisten als Quelle führen darf“, sagte Geiger der Berliner Zeitung.

Den jüngst bekannt gewordenen Fall des Undercover-Einsatzes des Journalisten Wilhelm Dietl bezeichnete Geiger als „Sonderfall“. Der Vorgang habe mit der journalistischen Tätigkeit des 50-Jährigen „und überhaupt mit Journalisten nichts zu tun. Wenn er dennoch der Sicherheitsabteilung über Kollegen berichtet hat, dann war das von meiner Anweisung nicht gedeckt.“ Der frühere BND-Chef kritisierte, dass er vom Sonderermittler der Geheimdienstkontrolleure nicht befragt worden sei. Er fühle sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Schmidbauer, den eine innige Abneigung mit Geiger verbindet, hatte behauptet, es sei „richtig, dass der damalige BND-Präsident Hansjörg Geiger im Dezember 1996 verfügte, dass ein Journalist von der Abteilung 5 eingesetzt wird, um Abflüsse aus dem BND zu klären“.

Der Leiter des Forschungsinstitutes für Friedenspolitik in Weilheim, Erich Schmidt-Eenboom, warf unterdessen dem BND vor, den Sonderermittler des Kontrollgremiums „nur unvollständig unterrichtet“ und ihn so in ein falschen Licht gerückt zu haben. Das wäre eine Art Rufmord an dem Geheimdienstkritiker, dessen Institut einerseits jahrelang vom BND observiert und andererseits aber auch mit kleinen Spendenbeträgen bedacht wurde. Gegenüber der taz erklärte Schmidt-Eenboom, er habe sich im März 2002 an den Leiter der Abteilung Sicherheit im BND gewendet. Der Anlass: Von einem General des früheren afghanischen Geheimdienstes habe er erfahren, dass es eine „Quelle“ im unmittelbaren Umfeld von Al-Qaida-Chef Ussama Bin Laden gebe. Und diese sei über einen Mittelsmann in Pakistan auch zu erreichen. Sechs Monate nach den verheerenden Anschlägen vom 11. September sei ihm die Information so bedeutsam erschienen, dass er über seinen „Schatten gesprungen“ sei und den Pullacher Dienst davon unterrichtet habe. Diesen Vorgang habe der BND aber gegenüber dem Sonderermittler verschwiegen.

Schmidt-Eenboom berichtete weiter, der Pullacher Dienst habe ihn auch aufgefordert, seine Informanten preiszugeben. Ende Juli vergangenen Jahres habe er den Geheimdienst mit der Aussage konfrontiert, dass er vom BND überwacht worden sei. In diesen Zusammenhang seien ihm Bilder von BND-Mitarbeitern vorgelegt worden. Er sollte mit dem Finger auf die Person deuten, die sein Informant gewesen sei. Dies habe er abgelehnt. Zwei Monate später habe er am 26. September einen anonymen Anruf mit der Warnung erhalten, mit der „Observationssache“ an die Öffentlichkeit zu gehen. Schmidt-Eenboom ordnet den Anrufer einer mit der BND-Führung über Kreuz liegenden Seilschaft im Geheimdienst zu. Der Mann habe gedroht, der BND könne ihn jederzeit „abschlachten“.

WOLFGANG GAST