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Archiv-Artikel

„St. Stephani“ wird Kulturkirche

Die Kirche kann ihre großen Gotteshäuser nicht mehr halten – und sucht neue Konzepte. Eine „Jugendkirche“ könnte man sich vorstellen, eine „Kulturkirche“ soll aus St. Stephani werden

von Klaus Wolschner

Die Kirche könnte die Menschen mehr ansprechen, wenn nicht jede Gemeinde „für alle dasselbe“ anbieten wollte und damit viele gar nicht erreiche, findet der „Schriftführer“ der Bremischen Evangelischen Kirche, Pastor Louis-Ferdinand von Zobeltitz. Die Alternative wären „Themenkirchen“. Heute soll der Kirchentag ein erstes Experiment beschließen: Die Stephanie-Kirche wird „Kulturkirche“, die harten Bänke kommen raus.

Zobeltitz weiß, wovon er spricht: Er kommt aus der Stephani-Gemeinde und die hat zwar eine große historische Tradition, aber einen noch größeren Mitgliederschwund. So hat die Gemeinde schon vor einem Jahr mit der Deutschen Kammerphilhamonie Verhandlungen über eine Vermietung des großen Kirchenschiffs als Probenraum geführt, zuletzt hatte die Shakespeare-Company ihr Auge auf den Kirchenraum geworfen.

Mit solchen Spekulationen ist erst einmal Schluss: Die Kirche will selbst Kultur machen, „Kulturkirche“ soll St. Stephani werden. Die Gemeinde wird fürs Erste in dem kleinen Nordschiff ihre Gottesdienste abhalten, aber die Weichen sind für eine Fusion mit der Wilhadi- und der Michaelis-gemeinde gestellt.

Kulturkirche – was heißt das? „Performance“, Theater, „alternative Musikformate“, aber keine Gospel-Chöre, so stellt sich Horst Janus, die theologische Referenz der Bremischen Kirche, das vor. Wenn auf dem Kirchentag heute dafür „grünes Licht“ und ein Etat von 40.000 Euro gegeben wird, soll es 2007 losgehen. Wenn der Schriftführer Zobeltitz im kommenden Jahr aus seinem Amt ausscheidet und in seine alte Stephani-Gemeinde zurückkehrt, wird er sich als „Projektleiter“ um die Kultur dort kümmern.

Nach dem Kirchentag 2009 aber, so versicherte der Schatzmeister der Kirche, Johann Daniel Noltenius, wenn Zobeltitz in den Ruhestand geht und die Frage der Personalkosten auf der Tagesordnung steht, werde man für die Kulturkirche eine neue Finanzgrundlage finden müssen.

Ählich wie die „Kulturkirche“ kann sich von Zobeltitz eine „Jugendkirche“ vorstellen, die anstelle des klassischen Gottesdienstes mit „experimentelleren“ Formen junge Leute anspricht. Aber da in Bremen die Gemeinden autonom sind, müsste sich dafür schon ein freiwilliger Interessent finden, der diesen Schwerpunkt wählt und sein „Profil“ in dieser Richtung entwickelt. Bisher wollte keine Gemeinde auf das Konzept „Eine Kirche für alle“ verzichten, aber der Trend geht Richtung Zusammenlegung von Gemeinden: in der Vahr, in Gröpelingen/Walle, in Bremen-Nord. In einer fusionierten Gemeinde könnte eher schon mal ein Kirchenraum als „Themenkirche“ zur Verfügung gestellt werden.

Beinahe zufrieden verwies Zobeltitz darauf, dass der Trend zum Kirchenaustritt abnimmt – „nur“ noch 1.597 waren es 2005 gegenüber 529 Neueintritten.

„Spiritualität“ übe große Anziehungskraft aus, meinte Zobeltitz, die Kirche wolle deutlicher machen, dass sie in diesem Bereich auch Angebote hat – und nicht nur über Geld und Strukturen reden. Was ist Spiritualität für den theologischen Repräsentanten der Evangelischen Kirche? „Gottesliebe und Menschenliebe“, „Kontemplation und Aktion“, „Glaubensfestigkeit und Toleranz“, definierte von Zobeltitz, und will die Kirche „stärker als spirituelles Netzwerk präsentieren“.