: Die BND-Affäre fordert erste Opfer
Ex-Geheimdienstkoordinator Schmidbauer lässt seine Arbeit im parlamentarischen Kontrollgremium ruhen. Journalisten fordern die Herausgabe des geheimen Berichts und werfen dem BND Stasi-Methoden vor. Medien erwägen Klagen
BERLIN dpa/ap/rtr ■ Die BND-Affäre hat erste personelle Konsequenzen: Der frühere Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Bernd Schmidbauer (CDU), lässt seine Mitarbeit im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG), das die BND-Affäre untersucht, zeitweise ruhen. Eine entsprechende Meldung von Spiegel Online bestätigte das Büro Schmidbauers gestern in Berlin.
Er werde von der Mitarbeit in dem Gremium, bezogen auf die aktuellen BND-Vorfälle, absehen, formulierte Schmidbauer in einer persönlichen Erklärung.
Er begründete das damit, dass einige der Vorfälle, die Gegenstand des Geheimberichts über die Bespitzelung von Journalisten durch den BND sind, in seine Zeit „als Geheimdienstkoordinator – Dezember 1991 bis Oktober 1998“ – fallen. Unmittelbar vor einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist der Druck zur Veröffentlichung des noch geheimen Berichts über Bespitzelung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst (BND) gestiegen. Betroffene Medienvertreter warfen den mutmaßlichen Spitzeln und dem Geheimdienst Stasi-Methoden vor.
Die Chefredakteure der von der BND-Affäre betroffenen Hamburger Nachrichtenmagazine Stern und Spiegel erwägen indes juristische Schritte: „Wir verlangen als Erstes Akteneinsicht beim BND. Dann kommen Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Verantwortlichen in Betracht und schließlich eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der betreffenden Aktionen“, sagte Stern-Chefredakteur Thomas Osterkorn im Hamburger Abendblatt. Osterkorn nannte die Bespitzelung von Journalisten einen Angriff auf die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Presse.
Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust betonte dem Blatt zufolge, derlei Praktiken des Geheimdienstes seien so rechtswidrig wie üblich. „Doch was man sich hier geleistet hat, ist schon ein starkes Stück“, wird Aust zitiert. Dass in den BND-Akten sogar Fotos existieren sollen, die ihn auf seinem Reiterhof zeigten, wäre ihm neu, sagte er: „Das ist schon ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.“
Inzwischen deutet einiges darauf hin, dass zumindest Teile des Berichts des Sonderermittlers an das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) noch diese Woche veröffentlicht werden könnten. Dieses geheim tagende Gremium wollte sich noch gestern mit den Vorfällen beschäftigen. Dabei soll der Bundesnachrichtendienst zu den Vorwürfen des Sonderermittlers gehört werden.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion und PKG-Vorsitzende, Norbert Röttgen (CDU), sah zunächst keine Anzeichen für eine Telefonüberwachung. „Nach jetzigem Kenntnisstand“ hätten Telefonüberwachungen nicht zu den Maßnahmen des BND gehört, um undichte Stellen im eigenen Haus zu entdecken. Nach einem Bericht der Berliner Zeitung soll der BND Ferngespräche von Journalisten belauscht haben, um Informationen über ihre Quellen zu bekommen.
Der BND bestritt, Telefone von Journalisten abgehört zu haben. BND-Sprecher Stefan Borchert nannte dies „pure Fiktion“.