: Von Mammon bis Marketing
GUT BERATEN Schon für wenig Geld können Freiberufler sich fit für die berufliche Zukunft machen. Ein breites Seminar- und Coachingangebot gibt es in Berlin speziell für Frauen
VON VOLKER ENGELS
„Wirtschaftliches Arbeiten ist gerade für Freiberuflerinnen wichtig, die sich mit ihren Dienstleistungen auf dem Markt behaupten wollen“, sagt Ute Skrzeczek vom Berliner Verein Akelei, der Frauen in Seminaren und weiteren Beratungsangeboten in die Selbstständigkeit begleitet. Für diese sei es wichtig, neben sogenannten Softskills auch fundierte Kenntnisse in den Bereichen Finanzen und Vermarktung zu erwerben. „Viele Freiberuflerinnen habe ein sehr gutes fachliches Wissen, die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse fehlen aber oft.“ Zudem sei es „häufig ein schwieriges Kapitel, Preise zu gestalten und am Markt auch durchzusetzen“. Besonders beim Thema Buchhaltung gebe es Beratungsbedarf. Der Verein bietet zweitägige Seminare für 55 Euro an. Selbstständige Frauen im Kleinstgründungsbereich, die durch wirtschaftliche Engpässe oder aus anderen Gründen mit ihren Unternehmen in eine wirtschaftliche Notlage geraten sind, bekommen eine kostenlose Krisenberatung, die aus einem Notfallfonds gespeist wird. Ziel der Beratung sei die „Selbstaktivierung der Unternehmerin“, unterstreicht die Projektleiterin.
An Frauen mit ausländischen Wurzeln richtet sich das Angebot der Initiative Selbständiger Immigrantinnen (ISI e.V.). Auch Freiberuflerinnen finden ein breit gefächertes Seminar- und Coachingangebot. ISI wird genau so wie der Verein Akelei von der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen gefördert und erhält Zuschüsse aus dem Europäischen Sozialfonds. „Angestellte haben Kollegen oder Vorgesetzte, die sie bei Problemen fragen können. Freiberuflerinnen fehlen oft diese Ansprechpartner“, sagt Irina Luschnikowa. In den Seminaren geht um Themen wie „Selbstständig im Netz“ oder ums Steuerrecht. Bei Bedarf werden Einzel- oder Gruppencoachings angeboten, in denen die Frauen etwa reflektieren, „ob sie richtig gedacht und geplant haben“, berichtet die Projektkoordinatorin. Die Angebote sind kostenlos. Eine Rechts- oder Steuerberatung ersetzen diese Veranstaltungen nicht, „bei Bedarf vermitteln wir an externe Fachleute“.
Die Berliner Volkshochschulen bieten zu erschwinglichen Preisen zahlreiche Kurse zu den Themen Büroorganisation, Stressbewältigung oder Werbung an. Auch wer seine rhetorischen Fähigkeiten schulen will oder seine Kenntnisse in Buchführung oder Steuern aufpeppen will, findet preiswerte Seminare. Diese sind für Arbeitslose oder Studierende preislich sogar noch deutlich reduziert. Besonders komfortabel ist die Suchmaschine, die alle Angebote der zwölf Berliner Volkshochschulen auflistet. Per Mausklick bekommen Interessierte sofort alle wichtigen Informationen zu den Seminaren: Inhalte, Preise, Zeit und Ort.
Von der „Kaltakquise am Telefon“ bis zum Thema „Controlling“ oder „Kundengewinnung“ reichen die Seminarangebote der IBB Business Team GmbH, einer hundertprozentigen Tochter der Investitionsbank Berlin. Zwar sollen vor allem kleinere oder mittlere Unternehmen gefördert werden, aber auch Freiberufler sind bei den Seminaren willkommen. „Gerade die Mitglieder kleiner Teams müssen viele Kompetenzen in ihren Reihen bündeln“, sagt Claudia Hönicke. Über ein Coaching-Programm erhalten zum Beispiel Unternehmen der Kreativwirtschaft Zuschüsse zu betriebswirtschaftlichen Coachings. „Die Modedesignerin, die ihre erste Kollektion verkauft hat und bei der zu sehen ist, dass das Geschäftsmodell eine Zukunft hat“, könne eine solche Einzelberatung in Anspruch nehmen. Für Zuschüsse zu solch einem Coaching müssen aber mehrere Voraussetzungen erfüllt sein.
Bis zu fünf Jahre, nachdem sie eine freiberufliche Tätigkeit aufgenommen haben, besteht auch für Freiberufler die Möglichkeit, das Gründercoaching der KFW Bankengruppe in Anspruch nehmen. Die Förderanträge laufen über sogenannte Regionalpartner vor Ort – etwa die IHK oder Handwerkskammern „Braucht ein Freiberufler zum Beispiel eine Beratung zum strategischen Marketing, kann er sich aus der Beraterbörse der KFW einen gelisteten Coach raussuchen“, sagt KFW-Sprecherin Sonja Höpfner. Für Unternehmen oder Freiberufler, die in Schwierigkeiten geraten sind, bietet die KFW den sogenannten Runden Tisch an. Bis zu 1.600 Euro gibt es an Zuschüssen, um eine qualifizierte Unternehmensberatung zu finanzieren.
Vor allem an Freiberufler aus dem Medienbereich richten sich die Berliner Seminare der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, die allerdings auch Nichtmitgliedern zur Verfügung steht. Gerade einmal 13 Euro zahlen Gewerkschaftsmitglieder (sonst 60 Euro), um sich in einem Tagesseminar mit den Themen Selbstvermarktung oder Existenzgründung auf den neuesten Stand bringen zu lassen.
Auch wenn sich die notwendigen Fertigkeiten preiswert weiterentwickeln lassen: „selbst und ständig“ sind eben auch weiterhin die zentralen Herausforderungen an Freiberufler. Doch selbst dafür gibt es ja günstige Seminare zum Thema Zeitmanagement.
www.akelei-online.de www.ibb-business-team.de www.vhsit.berlin.de www.isi-ev.de www.kfw.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
