Die Retter der Meere an der Elbe

Naturschutzorganisation WWF eröffnet Internationales Zentrum für Meeresschutz in Hamburg. Damit soll der Einsatz gegen Umweltverschmutzung verstärkt werden. Neue Studien kritisieren Gas-Pipeline durch die Ostsee und Fischerei vor den Küsten

Von Sven-Michael Veit

Von Hamburg aus die Meere retten will künftig die Umweltschutzorganisation WWF. Die Stadt sei nun mal „der maritime Standort in Deutschland“, sagt Alfred Schumm. Am Mittwoch eröffnet der World Wide Fund for Nature in der Hamburger Hafencity direkt an der Elbe sein neues „Internationales WWF-Zentrum für Meeresschutz“, dessen Leiter der 45-jährige Biologe ist.

Mit dem Umzug von Bremen in die große Hanseschwester und der gleichzeitigen Vergrößerung hofft der WWF, die Schlagkraft zu steigern. Einrichtung und Erhalt von Meeresschutzgebieten, nachhaltige Fischerei, regionale Raumplanung und auch die ökologischen Folgen des globalen Tourismus, zählt Schumm auf, „werden unsere wichtigsten Aktivitäten sein“. Zudem werde der Kampf gegen die „ungeminderte Verschmutzung“ von Flüssen und Meeren weiterhin im Vordergrund stehen. Denn die Gefahren, sagt Schumm, sind „andere“ geworden, aber nicht weniger (siehe Interview).

So befürchtet der WWF „schwere ökologische Schäden“ durch den Bau der Ostsee-Pipeline, welche russisches Erdgas nach Deutschland pumpen soll. Der Starttermin in zwei Jahren sei nur möglich, „wenn die gängigen deutschen und europäischen Umweltstandards missachtet werden“, kritisiert Jochen Lamp von der Ostseefiliale des Hamburger WWF in Stralsund. Er hat in einer umfangreichen Studie die Folgen untersucht, welche die Trassenführung der 1.200 Kilometer langen Pipeline vor allem im Naturschutzgebiet Greifswalder Bodden kurz vor ihrem Zielpunkt Lubmin östlich der Insel Rügen haben würde.

„Die Bauarbeiten an zwei 15 Meter breiten und bis zu vier Meter tiefen Rinnen zerstören auf Jahre wertvolle Lebensräume wie Seegraswiesen und beeinträchtigen wichtige Laichgebiete von Hering und anderen Fischarten“, kritisiert Lamp. Der WWF fordert deshalb, auf eine weniger schädliche Alternativroute auszuweichen. Nach aktueller Planung führe die Pipeline durch zum Teil unerforschte Meeresbiotope. „Bevor der Meeresboden blind umgepflügt wird, muss geklärt werden, welche Naturschätze sich hier verbergen“, fordert Lamp: „Ein Parforceritt auf Kosten der empfindlichen Ostsee ist nicht akzeptabel.“

Pünktlich zur Eröffnung des Meeres-Zentrums in Hamburg weist die Fischereiexpertin des WWF, Heike Vesper, jetzt in einer Untersuchung „das Versagen“ internationaler Abkommen gegen die Plünderung der Meere nach. Im Nordatlantik und seinen Randmeeren wie der Nordsee würde die industrialisierte Fischerei weiterhin „Fangquoten ignorieren“. Kabeljau, Rotbarsch und Seehecht, Scholle, Heilbutt und Seezunge seien so überfischt, dass ihr Bestand als bedroht gilt.

Aus den Küstengewässern in Nord- und Ostsee seien sie bereits fast vollständig verschwunden, kritisiert Vesper. Es sei ein „weitgehend rechtsfreies Gebiet“, in dem sich oftmals mit Duldung der Regierungen „kriminelle Plünderer nahezu nach Belieben bedienen“ dürften.

Solch klarer Worte zum Trotz darf übermorgen Hamburgs so genannter Umweltsenator Michael Freytag (CDU) den WWF an der Elbe willkommen heißen. In Sachen Ökologie ist er gewohnt allerbestens informiert. Freytag werde, verkündet der amtliche Terminkalender des Senats, ein Grußwort sprechen beim „World Wildlife Fund“.

So hieß der WWF bis 1986.