: Döpfner fürs Volk
Fanpost an die Springer-Kommunikationschefin
Liebe Frau Fels,zunächst mal herzlichen Dank, dass Ihr Vorstandschef Dr. Mathias Döpfner bereit war, sich auf der Jahrestagung des Netzwerks Recherche dem Gespräch zu stellen. Sicherlich ist dies auch Ihr Verdienst als Kommunikationschefin.
Weil Springer-Mitarbeiter nur allzu gut wissen, wie die Journaille dem wohlmeinenden Menschen das Wort im Mund umdreht, wurden wir gebeten, die Situation als Hintergrundgespräch zu verstehen. Unter 400 sozusagen. Und, sollten wir zitieren wollen, müssten wir das gesprochene Wort von Ihnen absegnen lassen. Frau Fels, was für eine Füchsin Sie doch sind!
Natürlich haben Sie Jürgs’ gelungene kritische Springer-Biografie gelesen und wussten, welch Störpanzer da zur Befragung Ihres Chefs aufgelaufen ist. Sicher, Sie können sich darauf verlassen, dass Dr. Döpfner Tretminen zehn Meilen gegen den Wind erschnuppert und niemals so blöd sein wird, sich kritische Töne über sein Sturmgeschütz Bild entlocken zu lassen. Nicht mal dann, wenn die Minen als Bonbons von einem ehemaligen Stern-Chefredakteur ausgelegt werden. Wie aber konnten Sie wissen, dass die Ketten des Angreifers eingerostet sind? Sein Geschoss verstopft ist?
Ihr Chef hatte wirklich leichtes Spiel. Niemand hat ihn aufgehalten
– als er das große Weinen begann, weil die gestärkten Persönlichkeitsrechte seinen Bild-Soldaten die Zurschaustellung ihrer Gefangenen erschwert; – als er den vor drei Jahren eingeführten Springer-Kodex zum Leuchten bringt, nach dem die Redaktionen sich nichts mehr bezahlen lassen dürfen. (Es gibt keine Nachfrage, ob Auto-Bild Einladungen annimmt mit dem Satz: „Aber die Kosten übernehmen wir.“ Oder die Reiseressorts der WamS, der BamS, der BumS);– als er zum Thema Kampagnen-Journalismus sagt, den dürfe es nicht geben.
Und wie gut Sie das eingefädelt haben: Der Döpfner redet frei! Ja, das ist doch was für solch eine Tagung. „Leute!“, suggeriert es, „das kriegt ihr nur hier!“ Das ist unter uns. Döpfner fürs Volk. Dass er sich dann doch immer wieder auf mit blauer Tinte geschriebene Notizen stützt – nun denn. Dass er nichts Relevantes sagt – nun ja.
Wenigstens hatten wir es lustig mit Ihrem Chef. Als er die Mühen seines Alltags als Zeitungsverkäufer beschrieb etwa und sagen wollte, wie anstrengend es sei, die Leute jeden Tag zum Kauf zu bringen. Stattdessen sagte er: zwingen! Da musste sogar der müde Jürgs lachen.
Und, Frau Fels, seien Sie froh, dass Sie dessen Worte nicht freigeben müssen. Dann hätten Sie es auch noch mit der Arroganz des Realitätsverlustes zu tun. Stellen Sie sich vor: Als eine Kollegin aus dem Publikum von der Praxis bei Bild der Frau berichtete, wo gezielt Namen von Produkten und Firmen in redaktionelle Beiträge eingearbeitet würden, befand der Moderator, dass Bild der Frau wohl kaum „das richtige Objekt für eine Diskussion ist“.
Ihre Constanze Kemper