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Archiv-Artikel

„No go“ geht gar nicht

Migrantenvertreter fordern mehr Unterstützung im Kampf gegen Rassismus. In Hellersdorf kommt es zu einem offenbar rechtsextrem motivierten Brandanschlag auf ein interkulturelles Jugendzentrum

von FELIX LEE und PLUTONIA PLARRE

In der Debatte um „No-go-Areas“ haben Migrantenorganisationen mehr Unterstützung gegen Rassismus gefordert. Deutschland sei zwar nicht generell ein rassistisches Land, sagte der Vorsitzende des Afrika-Rates Berlin-Brandenburg, Moctar Kamara, gestern auf einer Pressekonferenz von Migrantenvertretern und Initiativen gegen rechts. Faktisch gebe es aber Orte – auch in Berlin –, an denen sich Dunkelhäutige nicht sicher fühlten. „Das müssen wir deshalb auch deutlich sagen dürfen.“ Beleg dafür ist ein offenbar rechtsextrem motivierter Brandanschlag auf einen interkulturellen Jugendclub in Hellersdorf gestern.

Ursprünglich wollte der Afrika-Rat eine Liste mit „No-go-Areas“ veröffentlichen. Von diesem Plan rückte der Verband aber ab. Begründung: Die Orte änderten sich zu schnell, als dass man sie in einem Atlas fixieren könne. Stattdessen werde man für dunkelhäutige Deutschlandbesucher in Kürze einen „Katalog mit Vorsichtsmaßnahmen“ herausgeben, sagte Kamara.

Sanem Kleff, die die Aktion „Schule ohne Rassismus“ ins Leben gerufen hat, unterstützt Kamaras Plädoyer für klare Worte. Nach ihrer Ansicht hätte die Diskussion um „No-go-Areas“ nicht erst vor der Fußball-WM geführt werden sollen, sondern bereits vor „sieben, zwölf oder zwanzig Monaten“. Jeder in Berlin lebende Andersfarbige wisse, dass es diese Gegenden faktisch gebe. „Wir haben alle eine innere Landkarte, die uns sagt, wo wir zu bestimmten Zeiten lieber nicht hingehen“, erklärte Kleff.

Nach Ansicht von Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) trägt die Mehrheitsbevölkerung mit ihrem fehlenden Problembewusstsein entscheidend zur Entstehung von Angsträumen bei: Die Betroffenen empfänden nur dann Angst, wenn sie das Gefühl hätten, dass umstehende Zeugen im Falle verbaler oder physischer Gewalt gegen Minderheiten nicht einschreiten. Klose appellierte deshalb an die Bevölkerung, „das Klima der Angst zu durchbrechen“.

Die Serie rechtsextrem motivierter Gewalttaten geht unterdessen weiter. Auf den interkulturellen Jugendclub „Haus Babylon“ in Hellersdorf ist in der Nacht zum Dienstag ein Brandanschlag verübt worden. Wie die Polizei mitteilte, schleuderten Unbekannte zwei Brandsätze vom Vordach durch ein Fenster in das Gebäude. An die Hauswand wurden zwei Hakenkreuze und die Worte „White Power“ geschmiert.

Passanten entdeckten den Brand. Menschen wurden nicht verletzt. Der Staatsschutz hat wegen des möglicherweise rechtsextremistischen Hintergrundes der Tat die Ermittlungen übernommen. Träger des „Interkulturellen Zentrums“ ist der Verein Babel, der hauptsächlich mit russischen und polnischen Migrantenkindern und -jugendlichen arbeitet.

Ein Zeichen gegen rechte Gewalt will die Antifa Hohenschönhausen und die Lichtenberger Linkspartei setzen. Unter dem Motto „Gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ rufen sie zu einer Demonstration am Freitag im Weitlingkiez auf. Beginn ist um 18 Uhr am Bahnhof Lichtenberg.