: Höhere Gewalt in der Prozessordnung
JUSTIZ Nach Aschewolke will Justizsenator Prozesse auch wegen höherer Gewalt unterbrechen lassen
Justizminister Till Steffen (GAL) hat laut Radio Hamburg eine Initiative zur Änderung der Strafprozessordnung angekündigt. Damit soll künftig auch höhere Gewalt ein zulässiger Grund für die Unterbrechung einer Hauptverhandlung sein. Anlass für die Initiative ist die Vulkan-Aschewolke, wegen der eine beisitzende Richterin im so genannten 20-Cent-Prozess nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurückkehren konnte – der Prozess platzte. Auch ein Prozess gegen einen 20-Jährigen wegen versuchten Mordes und Totschlags musste neu aufgerollt werden.
Im ersten Fall sind zwei Jugendliche angeklagt, einen Mann, den sie um 20 Cent angebettelt hatten, totgetreten zu haben. Nach der geplatzten Eröffnung der Hauptverhandlung waren sie auf Urteil des Oberlandesgerichts aus der sechsmonatigen Untersuchungshaft entlassen worden. Nun sind sie vor Beginn des neuen Prozesses auf freiem Fuß. Das war in der Öffentlichkeit auf Unverständnis gestoßen.
Tatsächlich ist die Rechtslage aber eindeutig: Die Untersuchungshaft darf nur dann über sechs Monate hinaus verlängert werden, wenn in der Zwischenzeit ein auf Freiheitsstrafe lautendes Urteil ergangen ist oder sich das Verfahren außergewöhnlich kompliziert gestaltet.
In seinem Urteil hatte das Oberlandesgericht bemängelt, dass das Landgericht zum einen nicht ausreichend begründet habe, warum die Richterin nicht auf anderem Wege zurückkam und weshalb der nächste Verhandlungstermin so spät anberaumt war. Letzteres lag an den Urlaubsplänen einer Richterin, die sie vor Ansetzen der Hauptverhandlung gemacht hatte.
Die Initiative des Justizsenators hätte an einem solchen Fall kaum etwas geändert, da die Hauptverhandlung noch nicht begonnen hatte. Noch steckt das Vorhaben in den Kinderschuhen: Nach ersten positiven Signalen von den Justizminister-Kollegen prüft die Behörde das weitere Vorgehen. GRÄ