Diese Woche wird wichtig für …
: Monika Lindner

… weil die Generaldirektorin des ORF sich wegen ihrer Parteilichkeit einer wachsenden Aufstandsbewegung gegenübersieht

Die Lunte legte der österreichische Starmoderator Armin Wolf anlässlich der Entgegennahme eines Preises für kritischen Journalismus. Er klagte über die Art, wie Journalisten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk seines Landes zugunsten regierungskonformer Berichterstattung geknebelt werden. Vom „Gleichgewicht des Schreckens“ unter der SPÖ-ÖVP-Koalition früherer Jahre, als beide Großparteien ihre Parteigänger im ORF zu fördern trachteten, sei unter der von Bundeskanzler Schüssel (ÖVP) geführten Wenderegierung „nur mehr der Schrecken“ geblieben – zulasten von ausgewogener Berichterstattung und echten politischen Kontroversen.

Im Zentrum der Kritik stehen ORF-Generaldirektorin Monika Lindner und Chefredakteur Werner Mück, der wegen seiner gnadenlosen Parteilinie den Spottnamen „ÖVP-Kommissar“ trägt. Mück unterstehen alle Nachrichtensendungen und Magazine im ORF. „Entpolitisierung“ nannte das die ÖVP, die auch Lindner vor fünf Jahren als Senderchefin installierte. Wie diese „Entpolitisierung“ aussieht, zeigte sich beispielhaft nach der Wolf-Rede: Journalisten, die ihrem Kollegen zu begeistert applaudierten, wurden von Mück persönlich zur Rede gestellt.

Lindner, deren Wiederwahl am 17. August angesichts der Regierungsmehrheit im Stiftungsrat als ausgemacht galt, zeigte sich beunruhigt von der Kritik und bot an, eine „qualifizierte Runde“ zu einer Aussprache zu laden. An wen die Einladung ergeht, ist noch nicht bekannt. Die hausinternen Rebellen wollen sich damit nicht zufrieden geben: Sie fordern eine offene, live übertragene Debatte.

Ermutigt durch die Rede von Wolf trat letzte Woche dann eine Initiative mit dem Namen „SOS ORF“ an die Öffentlichkeit. Der Sender müsse daran erinnert werden, „dass nur die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags die Gebühren rechtfertigt, und die Regierung muss daran erinnert werden, dass ihr der ORF nicht gehört.“ Unterschrieben ist der Appell unter anderen von Autorin Elfriede Jelinek, aber auch weltanschaulich von eher konservativen Menschen wie dem ehemaligen ÖVP-Nationalratspräsidenten Heinrich Neisser. Auf www.sos-orf.at waren nach knapp einer Woche bereits über 21.000 Unterstützungserklärungen für ihr Anliegen registriert.

Schon 1964 gab es auf Initiative frustrierter Journalisten ein Rundfunkvolksbegehren, das den ORF aus den Klauen einer erdrückenden Proporzregelung befreite. Eine ähnliche Stimmung beginnt sich jetzt breit zu machen. Und Monika Lindner könnte für die durch den Aufstand alarmierte ÖVP als Bauernopfer herhalten. Ralf Leonhard