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Archiv-Artikel

„Zwei Jahre Gymnasium haben mir gereicht“

PÄDAGOGIK Was wünschen sich Schüler? Clara Fischlein, 14, mag das Lernen im Team und ohne Noten

VON CLARA FISCHLEIN

BERLIN taz | Acht Stunden lang 45 Minuten stillsitzen, dem Lehrer zuhören, mitschreiben und schweigen. So ging das den ganzen Tag. Zu Hause habe ich gepaukt für den nächsten Test. Nach dem Test habe ich dann alles so schnell wie möglich wieder vergessen, etwas später weiß man nicht mal mehr das Thema.

Ich bin da ausgestiegen: Zwei Jahre am Gymnasium haben mir gereicht. Die wenigsten haben mich verstanden: Als Klassenbeste verlässt man doch nicht das Gymnasium? Aber mir ging es nicht um die Noten. Ich wollte Sachen hinterfragen dürfen.

Zu Beginn der 9. Klasse bin ich an eine Montessori-Gemeinschaftsschule gewechselt. Hier organisieren wir uns selbst. Wir haben nicht jede Stunde ein anderes Fach, sondern lernen in Projekten. In meiner Klasse sind Jugendliche im Alter von elf bis siebzehn Jahren.

Für den Matheunterricht wird unsere Klasse aufgeteilt in zwei Gruppen. Wenn wir ein neues Thema anfangen, setzen wir uns alle an einen Tisch. Die Lehrerin erklärt die wichtigsten Punkte und stellt sie auf einem Plakat zusammen, welches dann im Klassenraum aufgehängt wird. Anschließend suchen wir uns Aufgaben, die unserem Lernstand angepasst sind.

Im Deutschunterricht haben wir alle das gleiche Projekt, zu dem wir den Lernstoff erarbeiten. Meistens tun wir dies in kleinen Gruppen, in denen wir uns Dinge gegenseitig erklären. Wir lernen mit- und voneinander. Bis zum Ende der neunten Klasse bekommen wir keine Noten. Das ist gut, denn Noten machen Druck. Statt der Freude über gute Noten dominiert oft die Angst vor schlechten.

Auch an meiner neuen Schule schreiben wir Klassenarbeiten, aber das steht nicht im Vordergrund. Dadurch, dass wir uns Themen selbstständig erarbeiten und unser Wissen anwenden, merken wir uns den Stoff ja sozusagen automatisch. Der größte Unterschied ist für mich jedoch die Beziehung zu den Lehrern.

Am Gymnasium waren LehrerInnen Gegner. Sie konnten die Klasse nur durch ihre strenge, abgehobene Art in Schach halten. An der Montessori-Gemeinschaftsschule reden wir auf Augenhöhe miteinander. Die Lehrer können sich das leisten, denn wir respektieren sie gerade wegen ihrer Offenheit. Das ist es, was ich an meiner Schule so schätze: Alle lernen und arbeiten miteinander statt gegeneinander. Diese Idee sollte sich überall durchsetzen.

PROTOKOLL: ANNA LEHMANN