: Aktivisten wollen Zensus 2011 kippen
DATENSCHUTZ Gegen die geplante Volkszählung will der „Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung“ Verfassungsbeschwerde einreichen. Die Datenerhebung würde Rückschlüsse auf Einzelpersonen zulassen
BERLIN taz | Die Datenschutzinitiative Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) bereitet eine Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Volkszählung im kommenden Jahr vor. Dafür hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die in den kommenden Wochen die juristischen Möglichkeiten ausloten und eine Öffentlichkeitskampagne vorbereiten will.
„Da wird eine Datenbank geschaffen, die auf vielen Seiten Begehrlichkeiten auslösen wird“, sagte Suat Kasem, eine Sprecherin des AK Vorrat, der taz. Konkret befürchtet die Gruppe, die Daten könnten gestohlen oder gar missbraucht werden.
Der Bundestag hatte im vergangenen Sommer das Zensusgesetz beschlossen und damit einer EU-Richtlinie entsprochen. Demnach sollen unter anderem Daten zu Geschlecht, Familienstand sowie Erwerbsstatus erhoben werden. Zusätzlich erfasst der Zensus in Deutschland auch die Religionszugehörigkeit sowie die Staatsangehörigkeit der Eltern. Der größte Teil der Daten wird öffentlichen Datenbanken entnommen, beispielsweise von Meldeämtern oder der Arbeitsagentur. Zum Abgleich der Zahlen mit der Wirklichkeit werden etwa 10 Prozent der Bevölkerung zu einer persönlichen Befragung verpflichtet.
Begründet wird der Zensus vor allem damit, dass dem Staat und der Gesellschaft aktuelle Daten fehlen. Die letzte Volkszählung gab es in der Bundesrepublik 1987, damals unter heftigen Protesten, und in der DDR 1981. Laut Bundesamt für Statistik wurden die Daten von damals weitergeführt, allerdings seien sie nun veraltet. Beispielsweise werde die Bevölkerungszahl wahrscheinlich um 1,3 Millionen überschätzt.
„Wir sind gegen die Zusammenführung so vieler Einzeldaten“, so AK-Vorrat-Sprecherin Kasem. Problematisch sei, dass Daten über Personen durch eine eindeutige Kennziffer verknüpft würden. Mit dieser Ziffer könne von den Daten wieder auf Personen geschlossen werden, was einem Verfassungsgerichtsurteil von 1983 widerspreche. Überhaupt sei die Nutzung der Ämterzahlen fragwürdig, so Kasem: „Die Daten in öffentlichen Registern werden durch die Volkszählung zweckentfremdet.“
In den kommenden Tagen und Wochen will die Arbeitsgruppe eine Internetseite einrichten. Bis zum 15. Juli kann gegen das Zensusgesetz Beschwerde eingelegt werden. Im März hatte der AK Vorrat bereits erfolgreich gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung geklagt. LALON SANDER