: „Ich bleibe ein politischer Mensch“
Ihre Politik sei nicht gescheitert, sagt Ex-Landessozialministerin Birgit Fischer. Nur als Berufspolitikerin höre sie auf
taz: Frau Fischer, Schwarz-Gelb will im Maßregelvollzug sparen. Ihr altes Konzept droht zu scheitern. Ziehen Sie sich deshalb aus der Politik zurück?
Birgit Fischer: Das Konzept und auch unsere Politik ist nicht gescheitert. Es gibt nach wie eine große Unterstützung in der Partei, den Kommunen, den Trägern der forensischen Kliniken und auch bei der Bevölkerung. Das Konzept droht nur zu scheitern, wenn die Versprechen nicht eingelöst werden. Es geht um Entlastung der bestehenden Standorte, die Sicherheit der Bevölkerung. Die Landesregierung setzt dies aufs Spiel.
Auch in Ihrer Partei gibt es Widerstände gegen Forensikkliniken. Zweifeln Sie manchmal selbst an Ihrer Politik?
Nein, bei der Forensik in keinem Moment. Wir haben für das Konzept geworben und uns dafür verprügeln lassen. Es ist unerträglich jetzt zu erleben, dass gespart werden soll und ohne Not alles Erreichte aufs Spiel gesetzt wird und zugleich von unserer Seite zu erwarten, das Konzept weiter mit zu tragen. Das ist schon eine schwierige Gradwanderung.
Die Sie künftig nicht mehr mitgehen wollen.
Das hat nichts mit persönlichen Entscheidungen zu tun. Ich glaube, dass ich auch in der Opposition viele Dinge mitgestalten kann.
Ihr Rückzug hat andere Gründe?
Ich bin jetzt 16 Jahre im Landtag. Ein Wechsel kann da durchaus reizvoll sein. Zum Beispiel die Spielregeln, die in der Politik gemacht werden, auf der anderen Seite umzusetzen. Gesundheitspolitik war immer mein Schwerpunkt. In der Gesundheitspolitik wird viel passieren. Die Krankenkassen werden in Zukunft bei der Gestaltung der Versorgung im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle übernehmen.
Sie saßen bis letzte Woche in der Verhandlungskommission der Koalition zur Gesundheitsreform. Werden Sie sich als Mitglied des SPD-Vorstandes in Zukunft zur Gesundheitspolitik äußern können?
Ich werde weiterhin politisch aktiv sein und mich auch äußern. Nur nicht mehr hauptberuflich. Ich bin aus eigenem Wunsch aus der Kommission ausgeschieden, um den Eindruck einer möglichen Interessenkollision zu vermeiden. Weil ich auch nicht glaube, dass man zwei Hauptämter miteinander vereinbaren kann, werde ich auch im Interesse der Glaubwürdigkeit von Politik mein Landtagsmandat niederlegen. Der Zeitpunkt steht noch nicht fest. Der Verwaltungsrat der Barmer Ersatzkasse wird am 30. Juni über meine Berufung entscheiden.
Sie galten lange als Hoffnungsträgerin der Sozialdemokraten. Sie waren als NRW-Parteivorsitzende und als Bundestagskandidatin im Gespräch. Ist Ihre Parteikarriere beendet?
Ich hatte aktuell die Wahl weiter in der Politik zu arbeiten oder einen neuen Abschnitt zu beginnen. Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, aber ich habe mich für die Barmer entschieden. Meine Funktionen in der Partei werde ich behalten.
Ein Standbein bleibt also die Politik?
Ich bleibe ein politischer Mensch. Es ist zu früh, etwas über die politische Zukunft der Partei auf Bundes- oder Landesebene zu sagen.
INTERVIEW: HOLGER PAULER