: Guantánamo: Verhinderte Freilassung?
Der US-Anwalt von Murat Kurnaz, dem angeblichen „Bremer Taliban“, belastet die rot-grüne Bundesregierung
Das US-Bundesberufungsgericht hat noch immer nicht über die Zulassung der Klage von Murat Kurnaz gegen Präsident George W. Bush entschieden. Der seit nunmehr viereinhalb Jahren im US-Lager Guantánamo einsitzende „Bremer Taliban“ versucht mit dieser Klage, gegen seine Inhaftierung auf Grund von angeblichem Terrorismusverdacht vorzugehen. „Verwundert und verägert“ äußert sich Bernd Docke, Kurnaz‘ Bremer Anwalt, darüber, dass sein Mandant noch nicht frei gelassen wurde. Dabei hätten sowohl Bundesregierung als auch die US-Administration bereits 2002 aktenkundig gemacht, dass der Terrorismusverdacht nicht erhärtbar sei.
Das bestätigt Rechtsanwalt Baher Azmy, der Kurnaz in den USA vertritt. In der geheimen Aktes seines Mandaten sei Kurnaz Unschuld „nicht weniger als fünfmal bestätigt“, schreibt Azmy in einem Bericht, der in der heutigen Ausgabe der „Zeit“ erscheint. Selbst als die USA seine Freilassung angeboten hätten, habe sich die deutsche Regierung entschieden, dass Kurnaz weiter in Guantánamo festgehalten werden solle. Hintergrund sei das Interesse gewesen, Kurnaz im US-Camp selbst befragen zu können, schreibt Azmy. „Umso mehr verdient der Mut von Kanzlerin Angela Merkel Anerkennung, die frühere Heuchelei der deutschen Regierung angesichts von Guantánamo hinter sich gelassen zu haben.“
Azmy stellte bei seinem Besuch im Lager fest, dass Kurnaz komplett von der Außenwelt abgeschnitten werde. Seiner in Bremen lebenden Familie sei jedweder Kontakt untersagt. Selbst die Post, mit der ihm die Rücknahme der Einreiseverweigerung seitens des deutschen Innenministeriums mitgeteilt wurde, sei ihm vorenthalten worden. Bei dem Treffen mit seinem Anwalt sei Kurnaz am Boden angekettet gewesen, angeblich, um eine Gefährdung zu vermeiden.
Der Rechtsanwalt formuliert die Erwartung, dass die Bundesregierung ihr gesamtes diplomatische Gewicht zu Gunsten von Kurnaz‘ Freilassung in die Waagschale werfe, schon um die Beziehung mit den USA bis zum Bush-Besuch in Deutschland diesen Juli nicht zu belasten. HB