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Archiv-Artikel

Gaaanz alte Schule

WM 2010 Vergesst die Viererkette: Beim TV-Kader der Labernasen setzen die Sender auf den Libero und die klassische Zehn

VON JÜRN KRUSE

11: Sturm

Marcel Reif

„Fußball hat was Infantiles“, sagte er einst. Schade, dass man davon so wenig merkt. Reif ist so abgewichst wie eine Sturmdiva Typ „Marko Pantelic“. Wie eine Diva hat auch Reif bei einem schlechten Spiel keine Lust mehr mitzumachen. Er stellt das Kommentieren ein und grummelt ins Mikrofon.

11: Sturm

Jürgen Klinsmann

Der Klinsi grinst sogar noch, wenn der Ball nur grob Himmelsrichtung Tor fliegt. Gut für alle bei RTL: Klinsmann hat Informanten im innersten Nationalelf-Zirkel. Schlecht: Sollte er beim Sender genauso aufräumen wie einst als Nationaltrainer, dürften sich Frau Schäferkordt und Herr Jauch bald neue Jobs suchen.

8: Linkes Mittelfeld

Béla Réthy

Er spricht alle Sprachen dieser Welt. Bestimmt auch Xhosa, eine der elf Amtssprachen Südafrikas. Ein solcher Polyglott ist nicht einzusperren auf dem Spielfeld. Réthy braucht seine Freiheiten. Nur nutzen kann er sie kaum, wie der lahme Kommentar zum Bildausfall beim EM-Halbfinale 2008 offenbarte.

7: Rechtes Mittelfeld

Mehmet Scholl

Der Feingeist Scholl muss mit dem moderierenden Sozialpädagogen Reinhold Beckmann Analysen zum Spiel abgeben. Scholl wirkt dabei wie Arjen Robben, dessen rechte Flügelposition er bekleidet, und Beckmann wie Katsche Schwarzenbeck – nur mit deutlich weniger Ahnung vom Fußball.

10: Regisseur

Günter Netzer Günther Jauch

Netzer plagen ähnliche Probleme wie Beckenbauer: Er weiß am Ende des Satzes einfach nicht mehr, wie er angefangen hat. Dennoch, den einen tödlichen Pass beherrscht Netzer noch. Auf Jauch sind sowieso alle neidisch. Der Streber unter den feingeistigen Strategen, der seine Spielzüge auf der Schreibmaschine vorbereitet, macht sogar einen Fußballabend, in dem das Spiel nicht angepfiffen wird, zur Kunst.

4: Aussenverteidiger

Tom Bartels

Der Mann mit der Gebrauchtwagenhändlerstimme, der einem sogar ’ne elektrische Mandoline andrehen würde. Bartels besitzt nicht nur die Zuverlässigkeit von Philipp Lahm, er kann sich wie der Neu-Kapitän mittlerweile auch aussuchen, wo und wann er bei der ARD aufläuft.

6: Aussenverteidigerin

Katrin Müller-Hohenstein

Sie lächelt immer so lieb. Ist vermutlich froh, dass sie mitspielen darf. Es gibt halt nicht so viele Klassespieler/innen auf der Außenverteidigerposition. Da muss dann auch mal ein Arne Friedrich ran, doch auch der beißt zu, wenn es darauf ankommt. Außerdem kann KMH härter zubeißen als ihre männlichen Kollegen. Bewiesen im „Sportstudio“ gegen Steinbrecher und Poschmann.

3: Innenverteidiger

Gerhard Delling

Kommt aus Büdelsdorf – und das merkt man. Hölzern seine Bewegungen, hölzern seine Überleitungen, kompromisslos seine Grätschen wider die verständliche Sprache. Gut, dass sein bevorzugter Anspielpartner Netzer der Syntax noch mehr Gewalt antut.

5: Libero

Franz Beckenbauer

Egal ob als Experte bei ZDF, Sat.1 oder Sky – er kommt in jedem Team zurecht. Deswegen ist er der Libero. Eine Position, die im Fußball längst verloren gegangen ist, wie der Anfang von des „Kaisers“ Sätzen, wenn er zum Ende kommt. Doch was interessiert ihn schon sein Geschwätz von vor 14 Sekunden: Hauptsache, alles hört zu!

2: Innenverteidiger

Olaf Thon

Olaf Thon ist im Fernsehen wie die DDR nach dem Krieg: Plötzlich hat da jemand was zu sagen, der nichts zu sagen hat. Der Olaf Thon hätte aber gern mehr zu sagen. Er wäre gerne Libero, doch da spielt der Franz – und der hat nun wirklich zu allem etwas zu sagen.

1: Torwart

Oliver Kahn Jens Lehmann

Zwei Männer, ein Schicksal: dieser Druck, dieser unmenschliche Druck. Seitdem Lehmann entschied, sich für die WM an Sky zu ketten, ist die T-Frage unter den deutschen Fußballexperten eröffnet. Mal sehen, wer von beiden in Südafrika als Erstes anfängt, vom Druck, diesem Druck, immer wieder Druck zu schwafeln. Über den Leidensdruck des Zuschauers machen sich beide wohl keine Gedanken. Zur Not: wegdrücken!