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Archiv-Artikel

Rot-Grün für neue Gauck-Behörde

BUNDESPRÄSIDENT Mit der Wahl von Joachim Gauck düpieren SPD und Grüne die Linke und bringen zugleich Schwarz-Gelb mit ihrem Kandidaten Christian Wulff in Verlegenheit

BERLIN taz | Hausherr in Schloss Bellevue wird Joachim Gauck wohl nicht. „Ich bin Realist, ich kann auch zählen“, sagte der frühere Leiter der Stasiunterlagenbehörde am Freitag angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung. Wenn SPD und Grüne schon keine Chance haben, dass ihr Kandidat zum Bundespräsidenten gewählt wird, so haben beide Parteien mit der Präsentation von Gauck doch für maximalen Ärger gesorgt – bei der Linken wie bei Schwarz-Gelb. Die Linkspartei ist nicht bereit, Gauck mitzuwählen. Wenn SPD und Grüne erwarteten, dass „sie uns einfach einen Kandidaten vorsetzen, den wir dann wählen dürfen“, hätten sie sich getäuscht, sagte Linkspartei-Chef Klaus Ernst. Die Linke-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke sagte, sie sei „entsetzt, dass Rot-Grün sich so entschieden hat“.

In Union und FDP fand die Person Gauck dagegen Zustimmung. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte, Gauck sei „fraglos ein ausgezeichneter Kandidat“. Doch der parteilose Gauck lässt den schwarz-gelben Kompromisskandidaten Christian Wulff umso blasser aussehen. Eine Gruppe prominenter Leipziger Bürgerrechtler rief gestern zur Wahl von Gauck auf. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir gaben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass der ein oder andere aus der Union Gauck den Vorzug vor dem Kandidaten Christian Wulff geben könnte.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte: „Joachim Gauck bringt ein Leben mit in seine Kandidatur und in sein Amt.“ Niedersachsens Ministerpräsident Wulff bringe dagegen nur „eine politische Laufbahn mit“.

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