FELIX ZIMMERMANN WURST IST MEIN GEMüSE
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Wenn eine Wurst Pinkel heißt und ihre Hauptzutat neben Schweinefleisch Hafergrütze ist, dann kann das nur eine Wurst sein, die als Irrtum des Metzgerhandwerks völlig zu Recht nicht über einen engen geografischen Raum hinaus bekannt geworden ist. Dass man diese Wurst nur im Oldenburgischen kennt, könnte also einiges über diese Leute dort erzählen. Zu viele Schweine und Hühner pro Quadratmeter und auch sonst keine kulinarische Kultur. Pinkel? Bäh! Aber: Don’t judge a wurst by its name! Der mag unschöne Assoziationen wecken, die Pinkel in ihrem blassen Gelbbraun mag das hässlichste Würstchen sein – aber sie ist eine Wucht. Der Spargel unter den Würsten. Es gibt sie jahreszeitlich limitiert nur im Winter, Dauerverfügbarkeit würde die Vorfreude verhindern. Fettig, wie sie ist, gart sie langsam im Topf mit Grünkohl, der Darm abgezogen, die Wurst stückig im Gemüse verteilt. Die herbe Süße des Kohls und die deftige Wurst, gewürzt mit ein wenig Piment, verbinden sich aufs Beste.

Die Oldenburger bepacken im Winter Bollerwagen mit Korn und Bier, legen eine Wegstrecke zurück, bis sie einigermaßen betrunken an ein Gasthaus kommen, wo es Kohl gibt mit Pinkel. Das ist dann das Höchste, was sie sich vorstellen können. Was nichts damit zu tun hat, dass das Land dort insgesamt sehr flach ist. Und woher kommt nun der Name? Etymologisch wohl von Pünkel, zusammengedrängte Masse, was das Innenleben dieser Wurst gut beschreibt.

An dieser Stelle besprechen wir im Wechsel künftig Würste und bedienen uns aus der winterlichen Gemüsekiste. Die Bier-Kolumne erscheint weiter – einmal im Monat.