Mini-Dinosaurier
: Sensationsknochen im Harz

In der Einhornhöhle im Harz versteckten sich früher bei schlechtem Wetter die Neandertaler. Wissenschaftler fanden bei Grabungen auch die Knochen von Höhlenbären und anderen längst ausgestorbenen Tieren – Drachenskelette waren bislang nicht darunter. Doch in der Gegend gab es vor 150 Millionen auch Saurier. Jetzt haben Bonner Forscher Fossilien aus einem Steinbruch bei Oker (Kreis Goslar) als Knochen einer bislang unbekannten Gattung von Mini-Dinosauriern identifiziert.

Entdeckt wurden die Sensationsknochen bereits vor acht Jahren: 1998 war der Hobby-Paläontologe Holger Luedtke auf Zähne und andere Überreste eines Pflanzen fressenden Dinosauriers gestoßen. Eine genauere Untersuchung ergab nun, dass die Knochen von ausgewachsenen Tieren stammten – nicht, wie angenommen, von Jungtieren.

In Dino-Knochen gibt es so genannte Wachstumsmarken, ähnlich den Jahresringen bei Bäumen, erläutert der Bonner Paläontologe Martin Sander. Bei jugendlichen Dinosauriern liegen diese Ringe vergleichsweise weit auseinander. Hat der Saurier seine Maximalgröße erreicht, rücken die Marken eng aneinander. „Und genau diese dicht gedrängten Marken haben wir knapp unter der Oberfläche der fossilen Knochen entdeckt“, sagt Sander. Die Mini-Dinos wurden kaum länger und schwerer als ein Pkw. Es handele sich um die kleinste je gefundene Art unter den Riesendinosauriern. Die größten Verwandten, die Brachiosaurier, brachten es auf 45 Meter Länge und 80 Tonnen Gewicht.

Die 150 Millionen Jahre alten Knochen galten schon zuvor als wissenschaftliche Rarität. Damals lagen weite Teile des heutigen Deutschland unter Wasser. Nur wenige Inseln ragten heraus, darunter die Region um Oker. Dinosaurier waren aber Landtiere, entsprechend selten sind Fossilfunde in Deutschland.

Gerade die Erdgeschichte sei aber der Grund dafür, dass die Saurier-Pygmäen entstehen konnten, sagt Nils Knötschke vom Dinosaurier-Freilichtmuseum Münchehagen, der auch die Ausgrabungen im Steinbruch leitete. Als der Meeresspiegel stieg, seien die Ressourcen knapp geworden: „Kleine Tiere, die weniger Nahrung benötigten, hatten bessere Überlebenschancen.“

„Eine derartige Größenabnahme bei eingeschränktem Nahrungsangebot kann extrem schnell erfolgen“, bestätigt Sander. „Manchmal innerhalb von 10 oder 20 Generationen.“ Im heutigen Indonesien gab es sogar Zwergelefanten, die mit 90 Zentimeter Schulterhöhe kaum größer waren als ein Bernhardiner.

Reimar Paul