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Archiv-Artikel

Ein Vorbild für ganz Afrika

SÜDAFRIKA Die Nachwuchskickerinnen feiern erste internationale Erfolge, aber noch kämpft der Frauenfußball mit kulturellen Problemen

Die Mädchen spielen mit den Jungs auf den Straßen der Townships – aber nur bis sie in die Pubertät kommen

AUS JOHANNESBURG MARTINA SCHWIKOWSKI

Es war eine Ankunft, wie sie Siegern gebührt. Als sie ankamen am Johannesburger Flughafen, gaben sie Interviews, sie tanzten und sie ließen sich feiern. Doch die Sieger waren Siegerinnen. Erstmals qualifizierte sich jetzt ein südafrikanisches Frauenfußballteam für eine Weltmeisterschaft. Im kommenden September wird die U17 in Trinidad um den Titel spielen. Da gab auch Lob von offizieller Seite: Der südafrikanische Fußballverband Safa ist stolz auf die jugendlichen Spielerinnen, auf das Bantwana Nationalteam. Die zuständige Managerin Fran Hilton-Smith spricht von einem besonderen Augenblick und versichert: „Frauenfußball ist im Kommen.“

Mannschaftskapitän Rachel Sebati erzählt mit strahlenden Augen von harter Teamarbeit, von Konzentration auf dem Feld, um die tunesischen Gegner trotz ihres Heimvorteils zu schlagen: „Deshalb haben wir es geschafft“, grinst die Spielerin der Mphahlele Ladies FC Limpopo und freut sich auf eine Trainingspause während der Männer-WM, die morgen angepfiffen wird.

Die Möglichkeiten für Frauen auf eine Karriere im südafrikanischen Fußball sind im Vergleich zu den Männern allerdings bescheiden. Geld zum Leben bringt ihr Talent den Amateuren nicht. „Sponsoren zeigen für Frauenfußball noch wenig Interesse“, erzählt die 55-jährige Hilton-Smith, früher selbst Nationalspielerin, „aber in den vergangenen zwei Jahren hat sich schon viel verbessert“. Zwei große Geldgeber ermöglichen es Mädchen und Frauen in jedem Winkel des Landes, in Klubs zu spielen. Absa-Bank und der Erdöl- und Chemie-Gigant Sasol unterstützen jeweils rund 500 Teams in den unteren Ligen. Aber natürlich sei die Situation nicht ideal, meint Fran Hilton-Smith.

Den Vereinen, meist schlecht bezahlte Ein-Mann-Betriebe, fehlt es an Personal, niemand hat Zeit für Sponsorensuche. Hilton-Smith immerhin schaffte es, mit Millionen-Geldern der südafrikanischen Lotteriegesellschaft vor sieben Jahren eine Akademie für Frauenfußball aufzubauen, die im „High Performance Centre“ an der Universität von Pretoria angesiedelt ist. Die großen Talente des südafrikanischen Sports werden betreut, aber auch 25 junge Fußballerinnen leben und trainieren hier nach strengen Regeln. Sie sind der Nachwuchs für die Teams. Einige spielen für das Frauennationalteam „Banyana Banyana“ („Mädchen, Mädchen“), das auch von Hilton-Smith gemanagt wird.

Der Standard in der Akademie ist hoch, aber die Erziehung genießt Priorität. „Sie haben nur eine einprozentige Chance, sich einen Namen zu machen. Daher ist gute Ausbildung wichtig“, meint Hilton-Smith. Mädchen unter 15 Jahren werden aufgenommen, und es eröffnet sich für sie ein Zugang zu einem neuen Leben. Das Hauptproblem, so die Managerin: „Es gibt keine Mädchenliga auf Schulebene, das ist unserer größtes Handicap. Sie spielen mit den Jungs auf den Straßen der Townships, aber wenn sie in die Pubertät kommen, wollen sie das nicht mehr und haben dann keine Unterstützung, Enttäuschung stellt sich ein.“

Es ist ein großer Schritt für die südafrikanische Gesellschaft, Mädchen überhaupt kicken zu lassen

Richard Shorten trainiert seit Jahren Mädchen aus den armen Siedlungen, denn dort sind die meisten Spielerinnen beheimatet. „Sie haben kein Geld für ordentliche Ernährung, oft kommen sie hungrig zum Training und fragen nach Taschengeld für Chips“, erzählt der 60-jährige ehemalige Fußballspieler. „Sie wollen dem typischen Dorfklischee, schwanger und barfuß zu sein, entkommen.“ Die Regierung habe umgerechnet 2 Millionen Euro für Frauenfußball bereitgestellt. Das Geld aber versickere, so Shorten, in den Strukturen der Regionen und den Ligen auf Distriktebene, für die kleinen Klubs bleibe nicht viel übrig.

Immerhin existieren Ligen für Mädchen unter 17, 19 und 21 Jahren. Aber selbst ein Platz in der Erwachsenenliga füllt den Magen nicht, es fehlt an Transportgeld und Ausrüstung. „Wir sorgen, so gut es geht, für all das, aber es ist nur Flickschusterei“, meint Hilton-Smith. Viele Spielerinnen haben keine Arbeit, nur das Training mit dem Ball.

Immerhin sei es ein Schritt für die traditionelle südafrikanische Gesellschaft, Mädchen kicken zu lassen. 90 Prozent der Spielerinnen sind schwarz, Fußball ist der Sport der schwarzen Südafrikaner. „Es ist mit Brasilien zu vergleichen“, meint die weiße Hilton-Smith. „Die Kids wachsen auf den Straßen auf, lernen im Spiel mit den Nachbarjungen. Die Eltern sind arm, kommen auch oft nicht zum Zuschauen, wenn ihre Töchter an Wochenenden spielen.“ Doch kulturelle Muster brechen auf, besonders wenn sie die Möglichkeiten und das Rundumpaket der Ausbildung und Absicherung der Mädchen in der Akademie sehen. Die Vision der Managerin: „Die Akademie soll ein Vorbild für ganz Afrika werden.“