„Bisher nicht aufgearbeitet“

GESCHICHTE SchülerInnen erforschen die Verwicklungen Bremens in den Sklavenhandel

ist Professorin für Black Diaspora Studies und American Studies in den Sprach und Literaturwissenschaften der Uni Bremen.

taz: Frau Broeck, wollen Sie die SchülerInnen vom googlen abbringen?

Sabine Broeck: Nein. Man findet erstaunliche Schätze bei Google! Aber die Schüler sollen lernen, dass das nicht das Einzige ist.

Sie betreuen ein Projekt, bei dem SchülerInnen Bremens Verbindungen in den Sklavenhandel erforschen. Ist das nicht ziemlich schwierig?

Doch. Aber das ist ja auch gut so. Die Schüler sollen hier Wissenschaft schnuppern und unbeforschte Fragen untersuchen. Die Schüler, die in der ersten Runde des Projekts dabei waren, fand ich sehr helle.

Was lässt sich über Bremens Verwicklung in die Sklavenwirtschaft schon sagen?

Es ist ja ziemlich offensichtlich, dass die Reichtümer, die Bremen als Überseehandelsstadt erwirtschaftet hat, direkt an die Sklavenwirtschaft gebunden sind, etwa dort, wo Zucker, Baumwolle, Kaffee oder Kakao gehandelt wurden. Aber diese Geschichte ist bisher gar nicht aufgearbeitet, auch wenn in den Siebziger und Achtzigerjahren das koloniale Erbe des 19. Jahrhunderts schon Thema war. Aber das 18. Jahrhundert ist noch Terra incognita.

Woran liegt das?

Lange Jahrzehnte wurde auch der Kolonialismus nicht weiter aufgearbeitet, selbst in der Geschichtswissenschaft nicht. Das hat sicher etwas damit zu tun, dass sich die Deutschen sehr mit dem Holocaust auseinander gesetzt haben. Alles weitere musste dann dahinter zurückstehen, wurde teilweise sogar abgewehrt. Zudem galt die Sklaverei vielen vor allem als Thema der Amerikaner – und wenn überhaupt, der Engländer, Franzosen, Niederländer, Portugiesen oder Spanier.

Gibt es heute hier noch Spuren des Sklavenhandels?

Die Bremer Kaufmannsfamilie Böse, nach der in Bremen auch eine Straße benannt ist, hat sich einen Landsitz in Bad Bederkesa gebaut – mit den Profiten aus ihrem Zuckerhandel. Bremen war früher ein wichtiger Handelsplatz für den Zucker – aber der basierte auf der Arbeit von Versklavten.  INT.: JAN ZIER

19 Uhr, Schulzentrum Walle