„Wir haben nicht selbst gedreht“

Der Fernseh-Chefredakteur des NDR, Andreas Cichowicz, verteidigt das Vorgehen seines Senders im Fall Fu. Der bekannte Aktivist habe es gewünscht, mit seinem Namen und unverfremdet gezeigt zu werden

taz: Herr Cichowicz, wie kann ein Korrespondent in einer Situation wie in China seine Informanten und Interviewpartner schützen?

Andreas Cichowicz: Der Name wird nicht genannt oder das Bild wird verfremdet, damit man unsere Gesprächspartner nicht erkennt. Dass haben wir eben erst wieder beim ARD-„Weltspiegel“ gemacht, in einem Bericht über unmenschliche Arbeitsbedingungen. Es hat in diesem Fall ein ausführliches Gespräch der Producerin mit Herrn Fu gegeben. Und der hat als bekannter Aktivist ausdrücklich gewünscht, mit seinem Namen und unverfremdet gezeigt zu werden.

Welches Risiko halten Sie denn für zumutbar?

Wir hatten Hern Fu darauf hingewiesen, dass es sicherlich für ihn Probleme gibt. Dabei haben wir aber mehr an Repressalien durch die Behörden gedacht. Ich würde mir wünschen, dass diese jetzt Herrn Fu und seiner Familie alle erdenkliche Hilfe zukommen lassen – denn das ist ihre Pflicht.

Versuchen chinesische Behörden auch, im Nachgang über die Korrespondenten an die Quellen kritischer Berichte zu kommen?

Der Korrespondent wird da eigentlich nicht direkt drauf angesprochen. Das läuft gelegentlich über die Producer, die für uns arbeiten und recherchieren. Die brauchen eine Arbeitsgenehmigung des Ministeriums. Ich kenne das aus meiner eigenen Korrespondententätigkeit im arabischen Raum: Die Producer hatten ihre jährlichen Gespräche im Ministerium, und da wurde immer sanft Druck ausgeübt.

Werden durch den Fall Fu die Recherchemöglichkeiten für den NDR und andere Medien in China insgesamt weiter einschränkt?

Das wär sehr unklug von den Behörden. Der Fall zeigt eher, dass man von den Anordnungen der Zentralregierung in den Provinzen wenig Notiz nimmt. Eigentlich wurden die Schrauben für Korrespondenten in solchen Fällen anschließend nie angezogen. Es sei denn, sie hätten sich bestimmter Vergehen schuldig gemacht – wie Drehen ohne Genehmigung. So etwas liefert den Behörden den Anlass, mit der Ausweisung des Korrespondenten zu drohen. Das war hier aber nicht der Fall, wir hatten das Material nicht selbst gedreht.

In China finden 2008 die Olympischen Spiele statt. Was erwarten Sie?

Ich würde mir wünschen, dass die aktuelle Auseinandersetzung für die Behörden ein Warnschuss ist und sie sich klar machen, was 2008 auf sie zukommt. Die Chinesen wollen ja ihr Gesicht nicht vor der Weltöffentlichkeit verlieren. Journalisten sollten also frei im Land reisen und recherchieren dürfen – ohne Vorabgenehmigung. Und ich würde mir wünschen, dass China endlich die Spielregeln der Berichterstattung akzeptiert, die in der freien Welt üblich sind.

INTERVIEW: STEFFEN GRIMBERG