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Archiv-Artikel

Siesta in der Bundestagskopie

Mitten im WM-Trubel herrscht nur an einem Ort gähnende Leere. In die Bundestagsarena verirren sich nur ab und zu BesucherInnen. In der 2,5 Millionen Euro teuren Plastikkuppel will das Parlament über seine Arbeit informieren

VON SEBASTIAN LEHMANN

Bei Debatten im Bundestag herrscht oft gähnende Leere im Plenarsaal. In dem Nachbau des Parlamentsrundes für Besucher sieht es derzeit ähnlich aus. Nur wenige Besucher verirren sich im WM-Getümmel auf das Gelände zwischen Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus.

Zwar betont der zuständige Pressereferent des Bundestags tapfer, man sei mit dem Start des Informationszentrums „zufrieden“. In den ersten fünf Tagen seit der Eröffnung am 7. Juni hätten 20.000 Neugierige der Arena einen Besuch abgestattet. Das wären 4.000 Besucher am Tag, die Kuppel – samt dem umgebenden Gelände mit Biergarten und Infobereich – ist auf 6.000 ausgelegt.

Und wer die Bundestagskopie in Augenschein nimmt, zum Beispiel gestern Mittag, glaubt den offiziellen Zahlen nicht recht: Auf dem Gelände verlaufen sich gerade mal 50 Interessierte. „Hier ist nichts los“, sagt auch die Studentin hinter dem Informationsstand über den letzten Ort der Ruhe im WM-Trubel. Hin und wieder schlendert ein einsamer Besucher vorbei und blättert ein wenig in den zahlreichen Broschüren. „Die Pins und Bonbons gehen am besten“, kommentiert die 21-Jährige im roten Bundestags-T-Shirt den verhaltenen Andrang. Ihre Kollegen haben auch nicht viel mehr zu tun. Eine fegt die kiesumgrenzten Wege, von denen man essen könnte. Ein anderer hat sich in den Schatten gestellt – und wartet. Siesta im Miniatur-Bundestag.

In dem 22 Meter hohen, mit einer durchsichtigen Spezialfolie überzogenen Kuppelnachbau ist der Plenarsaal des Reichstags nachgebaut. Die Sitze sind nach Fraktionen aufgeteilt, vorne hängt der Bundesadler über dem Rednerpult. Hier will der Bundestag mit Filmen über historische Momente der deutschen Parlamentsgeschichte und Informationsveranstaltungen die Gäste der WM über seine Arbeit informieren.

Auf dem Prestige-Bau lastet ein hoher Erfolgsdruck, schließlich hat das Gelände samt Plastikkuppel 2,5 Millionen Euro gekostet. Geplant war, die Hälfte von Sponsoren einzusammeln – zusammengekommen sind nicht einmal 10 Prozent des Gesamtbudgets.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) war bei der Eröffnung vor einer Woche dennoch zuversichtlich, dass die Kuppel nicht zu groß geraten sei. „Lassen wir uns überraschen!“, so der Bundestagspräsident. Viel Zeit bleibt allerdings nicht, die hochgesteckten Ziele zu erreichen. Denn nach der WM soll die Arena wieder abgerissen werden. Der Bund der Steuerzahler meckert bereits. Er hält das Areal für einen Fall von Steuerverschwendung und erwägt eine Aufnahme in sein Schwarzbuch.

Ein bisschen teuer findet das alles auch ein Besucher der Bundestagsarena: „Falsch kalkuliert“ hätte man da wohl, sagt er. Den geringen Andrang findet der Berliner „enttäuschend“. Nur „durch Zufall“ habe er das Areal neben der Adidas-Arena gefunden. Ganz so schlimm ist es nicht: Um den Reichstag herum gehen vom Bundestag angestellte Studenten auf Touristenfang und lenken zumindest ein paar Interessierte in das Bundes-Infocamp.

Aber die Arena kommt nicht nur schlecht an: Drei ältere Damen aus Sachsen-Anhalt, die nach eigener Aussage „wissbegierig“ nach Berlin gekommen sind, finden die Bundestagsarena „klasse, einmalig und super“. Der eher laue Andrang in der Arena macht den fröhlichen Damen vom Land nichts aus: „Für uns reicht’s“, sagt die eine.