: Die Walfänger haben Oberwasser
Die Internationale Walfangkommission tagt: Zum ersten Mal fordern Umweltschützer, das Schlachten der Meeressäuger wieder zu erlauben. Sie hoffen, ein „kontrolliertes Bewirtschaftungssystem“ schützt die Tiere besser als ein Fangverbot
VON GESA SCHÖLGENS
Offiziell dürfen Wale nicht zu kommerziellen Zwecken getötet werden. Doch hat das Verbot überhaupt noch Sinn? Diese Frage beschäftigt ab heute die Delegierten der 70 Staaten, die zur Internationalen Walfangkommission (IWC) gehören. Bis Dienstag werden sie sich auf dem karibischen Inselstaat St. Kitts über die Zukunft des Walfangs streiten.
Tatsache ist, dass das Verbot des kommerziellen Walfangs keineswegs alle Wale schützt. „Japan und Norwegen setzen sich über das Verbot hinweg und erhöhen jährlich ihre Fangquoten“, erklärt Volker Homes vom Worldwide Fund for Nature.
Der Trick: Offiziell harpunieren die japanischen Flotten die Meeressäuger nur zu „Forschungszwecken“. Nippon, aber auch Norwegen und Island, haben eine Ausnahmegenehmigung. Allein im vergangenen Jahr töteten sie so mehr als 2.300 Wale. Das Fleisch landet dann überwiegend in den Kochtöpfen von Gourmetrestaurants und Schulen. Die Forschungstouren dienen als Hintertür für den kommerziellen Walfang – das ist allgemein bekannt.
Bisherige IWC-Treffen konnten dieses Problem aber nie lösen. Dort wird seit Jahren nur pro und contra Walfangmoratorium debattiert. Die Verhandlungen sind gelähmt. Und Japan startet dieses Jahr erneut die Initiative, das 20 Jahre alte Walfangmoratorium zu kippen.
Dabei sind die Meeressäuger immer noch bedroht. Allein der Bestand an Finnwalen ist in den letzten 140 Jahren von 140.000 Tieren auf 25.000 zurückgegangen. Nun sind aber auch Umweltschützer mit dem Moratorium nicht mehr zufrieden. „Ein gutes Bewirtschaftungssystem ist besser als ein schlechtes Walfangmoratorium“, sagt Petra Deimer von der Gesellschaft zum Schutz der Meerestiere.
In diesem Sinn wollen Dänemark und Schweden auf der diesjährigen IWC-Tagung einen neuen Vorschlag einbringen: Das Fangverbot soll durch verbindliche Fangquoten ersetzt werden. Diese sollen dann allerdings von Unabhängigen streng kontrolliert werden.
Allerdings ist schon jetzt klar: Kontrollen lehnen Japan, Norwegen und Island streng ab. Sie wehren sich seit langem erfolgreich gegen unabhängige Beobachter auf ihren Fangschiffen oder eine Überwachung per Satellit. „Sie finden immer neue Ausreden dafür“, sagt Sandra Altherr von Pro Wildlife – „die Boote seien zu klein oder Landsleute und Bordcomputer kontrollierten bereits.“ Japan weigere sich zudem, ein international zugängliches DNA-Register der Wale zu führen. Althoff prophezeit, dass auch künftig niemand genau prüfen könne, welche und wie viele Wale getötet werden. Daran ändere auch ein „Bewirtschaftungssystem“ nichts.
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