ULRIKE HERRMANN ÜBER DIE MILLIARDENZAHLUNGEN VON BP : Once again: Too big to fail
Für die Aktionäre war es offenbar eine gute Nachricht: Der Kurs der BP-Aktie erholte sich, sobald bekannt wurde, dass der Ölkonzern bereit ist, bis zu 20 Milliarden Dollar zu zahlen, um für die Schäden im Golf von Mexiko aufzukommen. Die Anleger kalkulieren dabei durchaus richtig. 20 Milliarden Euro sind zwar eine ungeheure Summe – aber für BP zu bewältigen: Allein im ersten Quartal 2010 wurde ein Gewinn von sechs Milliarden Dollar eingefahren.
Die Strafsummen für BP sind eine Novität: Erstmals soll ein Unternehmen vollständig für die Schäden aufkommen, die es verursacht hat. Denn die 20 Milliarden sind keine Obergrenze. Falls die Kosten der Ölkatastrophe höher ausfallen, muss BP weiteres Geld nachschießen. Das klingt wie ein fairer Deal.
Trotzdem bleibt Unbehagen. Nicht umsonst fragen sich viele Kunden, ob sie BP nicht boykottieren sollten. Es kann doch nicht sein, dass diese gigantische Schlamperei nur vorübergehende Gewinneinbußen zur Folge hat. Denn selbst wenn BP Milliarden zahlt: Damit werden nur die ökonomischen Schäden abgedeckt, die ökologischen Folgen sind gar nicht zu beziffern. Was ist eine tote Schildkröte wert?
Doch wäre ein Boykott unsinnig, wie zähneknirschend festzustellen ist. Wenn niemand mehr bei BP tankt, dann würden dem Ölkonzern ja genau die Gewinne fehlen, die nun die Schadensersatzzahlungen finanzieren sollen. Ausgerechnet die Strafmilliarden sind eine Bestandsgarantie für BP – auch diese Botschaft haben jene Anleger sofort begriffen, die sich nun mit BP-Aktien eingedeckt haben.
Es drängt sich eine Analogie zur Bankenkrise auf: Auch BP ist „too big to fail“. Würde der Ölkonzern pleitegehen, bliebe ja nicht nur der Schadensersatz unbezahlt – auch die Pensionsfonds und Lebensversicherungen gerieten in Bedrängnis, die in BP-Aktien investiert haben und mit üppigen Dividendenzahlungen kalkulieren. BP ist ein Symbol, wie abhängig sich die Welt vom Öl gemacht hat.
Wirtschaft + Umwelt SEITE 8