: Nahverkehr wird Sparverkehr
Durch die Kürzung der Bundeszuschüsse drohen in der Region Streckenstilllegungen und ausgedünnte Fahrpläne im Nahverkehr. Verkehrsminister pochen auf Ausgleich aus Landeshaushalt
von ULRICH SCHULTE
Kurz nach Eröffnung des lichten Hauptbahnhofs zeichnet sich ab, dass eine wichtige Spezies darin kaum noch vorkommen wird: der Regionalzug. Wegen der Kürzung der Regionalisierungsmittel, die der Bundesrat gestern beschlossen hat, müssen sich die Fahrgäste im Nahverkehr auf Streckenstilllegungen und Fahrplanausdünnung einstellen.
„Die Beschlüsse werden zu schmerzlichen Einschnitten beim Angebot des Schienenpersonalverkehrs im Verbund führen, falls nicht Instrumente gefunden werden, die Verluste auszugleichen“, sagte Hans-Werner Franz, der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), gestern.
Der Bund wird den Ländern bis 2009 1,8 Milliarden Euro weniger für den Nahverkehr überweisen – für diesen Kompromiss hatten die Länder bis zur letzten Minute gekämpft. Ursprünglich wollte der Bund 2,3 Milliarden einsparen. Berlin muss nach Berechnungen der Finanzverwaltung schon im nächsten Jahr mit 30,4 Millionen Euro weniger auskommen als geplant, 2008 fehlen 32,9 Millionen. Trübe Aussichten für BVG und S-Bahn, doch die Verkehrsverwaltung redet sich Mut zu: „Unser Ziel ist, Leistungseinschränkungen zu vermeiden“, sagt Sprecherin Petra Rohland. Die Kürzungen im Verkehr müssten mit Einnahmen aus der Mehrwertsteuer abgefangen werden. „Das ist ja eine Paketlösung.“
Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gibt sich verhandlungsbereit: 2007 gebe es einen Puffer, da die unerwarteten Mehrwertsteuereinnahmen nicht im Haushalt stünden, sagt sein Sprecher Matthias Kolbeck. Aber: „Alles, was danach kommt, muss man klären.“ Mehrwertsteuereinnahmen und Verkehrsgelder seien völlig verschiedene Töpfe.
Die Regionalisierungsmittel sind für die Hauptstadt unverzichtbar: Der Bund zahlt Berlin in diesem Jahr 390,7 Millionen Euro. Den größten Batzen gibt das Land für den S-Bahn-Verkehr aus (270,1 Millionen), 84,9 Millionen Euro bekommt die BVG, etwa für den Unterhalt von U-Bahn-Tunneln. Mit 34,6 Millionen wird das Straßenbahnnetz saniert.
In dünn besiedelten Regionen Brandenburgs wird manche schlecht ausgelastete Strecke – zur Stilllegungskandidatin. Verkehrsminister Frank Szymanski (SPD) schwant bereits: „Abbestellungen im Schienenverkehr und Kürzungen bei Investitionen sind unumgänglich.“ Zwischen 2007 und 2010 fehlten 30 Millionen Euro im Jahr. Er pocht ebenfalls auf eine „Teilkompensation aus dem Landeshaushalt.“
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