: Der Mindestlohn wird schon wieder diskutiert
KOALITION Die Arbeitgeber fordern Sonderlösungen, die Gewerkschaften wittern „Schmutzarbeitgeber“
BERLIN dpa/epd/taz | Die Arbeit der Bundesregierung hat noch gar nicht richtig begonnen, da gibt es bereits Streit um den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Mindestlohn. Nachdem CSU-Chef Horst Seehofer Ausnahmen für bestimmte Gruppen gefordert hatte, wird das Thema nun zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften diskutiert.
Seehofer hatte erklärt, er wolle Rentner, Saisonarbeiter oder Praktikanten von der Mindestlohn-Regelung ausnehmen. Die Arbeitgeber pflichten ihm darin bei, ebenso die Bundesagentur für Arbeit. Deren Vorstand Heinrich Alt erklärte: „Wenn man jungen Leuten unter 18 einen Mindestlohn zahlen würde, dann könnte der Anreiz, eine Ausbildung zu machen, abnehmen.“
Die Gewerkschaften lehnen Seehofers Vorschlag ab. Laut dem DGB-Vorsitzenden Michael Sommer wollen sie penibel darauf achten, dass der Mindestlohn nicht unterlaufen werde. Das sollten die „Schmutzarbeitgeber“ wissen. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass spätestens 2017 verpflichtend eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro gelten soll. Das Gesetz soll im Dialog mit Arbeitgebern und Gewerkschaften erarbeitet werden mit dem Ziel, „mögliche Probleme, zum Beispiel bei der Saisonarbeit, bei der Umsetzung [zu] berücksichtigen“.
DGB-Chef Sommer räumte ein, dass es für eine zweijährige Übergangszeit auch Ausnahmen von den 8,50 Euro geben könne, wenn dies tarifvertraglich vereinbart ist. „Diese Kröte mussten wir schlucken, weil man uns während der Koalitionsverhandlungen unverhohlen gedroht hat, dass es ohne diese Übergangsphase zu Massenentlassungen käme.“
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer begrüßte, dass die gesetzliche Regelung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern erarbeitet werden soll. „Im Rahmen dieses Dialogs werden wir auf notwendige Differenzierungen, Stufenpläne und Ausnahmen dringen“, sagte er der dpa.
Kramer ist überzeugt, dass der Mindestlohn „vor allem in den neuen Ländern Bremsspuren auf dem Arbeitsmarkt verursachen“ werde. „Menschen, die noch nie gearbeitet haben, junge Leute ohne Schulabschluss, Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte“ würden kaum Jobs finden, wenn die 8,50 Euro auch für sie gelten. Für sie müssten Sonderlösungen her. AM