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Archiv-Artikel

Kaffee auf Morgenländisch

AUSZEIT Eine der wichtigsten Sorten heißt zwar Arabica – auf arabische Art Kaffee zuzubereiten, ist aber etwas ganz anderes. Der Pfiff dabei ist es, Kardamom zuzugeben

Kardamom

Es gibt schwarzes und grünes.

■ Für den arabischen Kaffee nimmt man das grüne Kardamom. Dieses wird auch für indische Gewürzmischungen (Masalas) verwendet sowie für Chai-Tee und Süßspeisen.

■ In Deutschland findet sich Kardamom vor allem zum Verfeinern von Lebkuchen, Spekulatius oder Glühwein.

VON E. F. KAEDING

Er ist Teil einer großen Kultur. Wie Coca Cola in den USA und Tee in England ist Kaffee in arabischen Ländern eine Tradition mit lebhafter Geschichte. Ein Getränk mit heiligen und heilenden Kräften: Ein Mufti soll sein geschwächtes Augenlicht durch das Getränk wiedererlangt haben. Hirten schwärmten von ihren lebhaften Ziegen, die von Bäumen heruntergefallene Bohnenfrüchte fraßen. Sogar Sufi-Mönche waren angetan. Tranken sie einen Schluck des dunklen Gebräus, schliefen sie beim nächtlichen Gottesdienst plötzlich nicht mehr ein.

Einem Fremden Kaffee zu servieren, gilt im Orient als Zeichen der Gastfreundschaft. „Qahwa“ ist ein Dessert wie hierzulande Kuchen. Im Konstantinopel des 16. Jahrhunderts wurde der Kaffee gar justiziabel: Sollte der Mann seiner Ehefrau keinen Kaffee anbieten, galt dies als Scheidungsgrund.

Die Geschichten hinter dem Getränk veranschaulichen, warum man bei der Zubereitung des Kaffees im Nahen Osten die Liebe zum Detail beibehalten hat. Anders als der hiesige und zu oft hektisch verbrannte Coffee to go verspricht der Qahwa viel mehr als eine schnelle Energiewallung. Im Gegenteil: Man muss Zeit mitbringen.

Der Geruch der arabischen Kaffeeversion allein reicht aus für eine sinnliche Entdeckungstour. Das liegt an dem Gewürz Kardamom, das dem Getränk zugegeben wird. Das Gewürz kommt in Samen oder frisch als Blätter, die Pulverversion ist eher eine westliche Exportvariante.

Kardamom gehört zur Familie der Ingwergewächse und gilt neben Safran und Vanille als eines der teuersten Gewürze der Welt. Es sind die ätherischen Öle in den Samen, die Kardamom sein typisches Aroma verleihen. Ein feiner Duft mit subtiler Tiefe, mild würzig, nussig, mitunter leicht süß und holzig. Eine feine Nase könnte einen Hauch Fenchel oder Anis vernehmen.

Wer Qahwa selbst zubereiten will, benötigt Zeit und Aufmerksamkeit. Es gibt keine Plastikmaschine, die von allein heißes Wasser anschlürft, es über Kaffeepulver verteilt und durch einen Filter tröpfeln lässt. Nebenbei weiter im Büro am Computer zu arbeiten, funktioniert nicht.

Die Grundzutaten sind Kaffeebohnen und Kardamom-Samen. Für ein einfaches Portionieren sollte man beide Zutaten unabhängig voneinander in einer Kaffeemühle mahlen. Danach wird der sogenannte Tanaka oder Dallah (Kaffeekännchen) je nach gewünschter Menge mit Wasser gefüllt und auf eine Herdplatte gestellt.

Jetzt das Wasser aufkochen, danach 30 Sekunden abkühlen lassen. Dann die Zutaten hinzugeben und umrühren. Pro 250 Milliliter Wasser ein halber Esslöffel Kaffeepulver macht schwachen, zwei Esslöffel machen starken Kaffee. Dazu kommt ein halber bis ein Esslöffel Kardamom-Pulver. Manche kochen die Zutaten sogleich mit dem Wasser auf, oder zunächst nur das Kaffeepulver und erst mit ein paar Minuten Verzögerung geben sie das Kardamom dazu.

Wie bei vielen anderen Dingen wird kein Schaden angerichtet, sollte man diese Abweichungen unter Geschmacksache verzeichnen. Eine zumindest westliche Kaffeeweisheit, das sei hier freilich erwähnt, reimt: „Boiled coffee is spoiled coffee“. Und immerhin, auch bei der Zubereitung von Qahwa wird zuweilen geraten: je langsamer das Erhitzen, desto besser werde der Kaffee schmecken.

Einigkeit herrscht bei dem, was folgt: Dreimal lässt man den Trunk für jeweils mindestens zwei Minuten langsam köcheln. Immer wenn der Trunk aufschäumt, nehmen Sie das Kännchen kurz vom Herd. Schon entfaltet sich der mild würzige Duft in der Küche. Wichtig: nicht umrühren, da ansonsten der Satz aufgewühlt wird.

Getrunken wird der Kaffee, der durch das Kardamom eine gelbliche Farbe annimmt, aus kleinen Espresso-Tassen und traditionell ohne Milch und Zucker. Die Portionen sind sehr klein und überdecken nur den Boden der Tasse, da so das noch sehr heiße Getränk schneller auf Trinktemperatur abkühlt.

Wer demnächst in einem orientalischen Restaurant speist, oder beim Araber eine Schawarma bestellt, darf nachfragen und statt eines Ayrans als Nachtisch Qahwa wagen. Mit etwas Glück serviert der Gahwaji (Kellner) dazu die klassisch korrespondierende süße Dattel. Sie soll die leicht bittere Geschmacksnote des Kaffees ausbalancieren. Der Mut wird belohnt werden. Denn wer arabischen Kaffee probiert, darf beides: aufwachen und abtauchen für einen kurzen Moment in eine andere Welt.