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„Es gibt großen Frust im Iran“

taz: Herr Nouripour, die iranische Nationalmannschaft …

Omid Nouripour: … ja, ja, ist ausgeschieden, ich weiß.

Warum so gereizt?

War doch eine einzige Enttäuschung, oder? Wie die gegen Mexiko in der zweiten Hälfte eingebrochen sind, ich hab’s selbst nicht geglaubt. Es gibt jetzt die wildesten Verschwörungstheorien, was in der Pause passiert sein muss.

Was ist passiert?

Die einen verbreiten, die Spieler hätten sich geprügelt. Die anderen sagen, die Funktionäre haben die Spieler bedroht, weil das Regime Angst hat vor großen Feierlichkeiten der iranischen Bevölkerung.

Was ist dran?

Viel zu absurd. Ich glaube, das Regime hat immer noch darauf spekuliert, aus sportlichem Erfolg politisches Kapital zu schlagen.

Was folgt aus diesem WM-Desaster? Ist das zentrale Modernisierungselement Fußball gescheitert?

Viele sagen jetzt: Wir sind noch nicht so weit. Gut, man kann verlieren, aber nicht so. Das ist das Deprimierende, das kratzt am kämpferischen schiitischen Selbstverständnis. Dieses: Wir haben gekämpft bis zum Letzten und verlassen erhobenen Hauptes den Platz – auch wenn wir verloren haben. Aber das war nicht der Fall. Es gibt eine breite Fruststimmung im Iran.

Und bei Ihnen?

Ach, Depression. Immer noch.

INTERVIEW: THILO KNOTT

Omid Nouripour, 30, wurde in Teheran geboren, lebt seit 1988 in Deutschland und sitzt im Bundesvorstand der Grünen

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