„Den Behörden fehlt das Geld“

Faktisch werden weniger Anstrengungen zur Gewässerreinhaltung unternommen, sagt BUND-Experte Christian Schweer. Die EU-Richtlinie kaschiere das nur

taz: Herr Schweer, die Wasserqualität vieler Badestellen scheint schlechter zu sein, als die offizielle Statistik ausweist. Wie kommt das?

Christian Schweer: Zur Gewässerverschmutzung tragen immer die gleichen Probleme bei – etwa die Überdüngung der Felder und ihre Folgen. Langfristig müsste die intensive Landwirtschaft umgestellt werden.

Sonst gibt’s keine Probleme?

Alle reden gerne von Verschlankung und Deregulierung des Staates. Dabei übernehmen die Behörden eine wichtige Funktion für den Umwelt- und Verbraucherschutz. Denn sie sind ja unter anderem für die Kontrolle der Gewässerqualität zuständig. Jetzt, wo so stark gespart wird, fehlt allerdings das Geld, um die Überprüfungen auszuweiten.

Die EU-Badegewässerrichtlinie wurde in diesem Jahr erst verschärft. Die Grenzwerte sind jetzt strenger. Bedeutet das, dass sich Schwimmer jetzt sicherer fühlen können?

Interessanterweise hat die neue EU-Richtlinie auch eine neue Kategorie eingeführt, um Badegewässer zu bewerten, die sich „ausreichend“ nennt. Vorher gab es nur hervorragend, gut oder schlecht. Das ist eine dieser kleinen Stellschrauben, mit denen man zu kaschieren versucht, dass faktisch weniger Anstrengungen für den Badegewässerschutz unternommen werden. Außerdem werden weniger Parameter bei den Messungen berücksichtigt. Früher gab es 19 Kriterien für die Qualität von Badegewässern – jetzt werden nur noch coliforme Bakterien und Entrokokken gemessen.

Die EU argumentiert, dass man die 19 Parameter gar nicht braucht. Mit den beiden Bakterien lasse sich viel besser nachweisen, ob Gülle oder Klärabwässer eingeleitet werden.

Man kann das Argument aber auch genauso gut umdrehen: Es kann nie schaden, so genau wie möglich über die Gewässer Bescheid zu wissen.

INTERVIEW: V. HOLLMICHEL