: Nicht fummeln, Liebling
MODS Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen kam zu ihrem Jahresendkonzert nach Berlin. Wie gewohnt mit Stil
VON ANDREAS HARTMANN
In Hamburg wackeln die sogenannten Esso-Häuser, und um das linksautonome Kulturzentrum Rote Flora ist eine Art Krieg entflammt. Aus diesem Hamburg kam Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen zu ihrem traditionellen Jahresendkonzert nach Berlin, brachte massig gute Laune mit und sang von einem Park in Hamburg, der so wunderschön ist, dass man dort gerne begraben sein möchte, von der Liebe an sich und von den Freuden des Ins-Fußballstadion-Gehens.
Diese Gentlemen können nicht anders. Das ausdrücklich Politischsein, das von einer Band aus Hamburg nachgerade erwartet wird, war schon dem direkten Vorgänger der Band, Superpunk, ein Grauen. Schon diese waren eine Mod-Band, und wenn Sänger Carsten Friedrichs demnächst wieder ein neues Projekt starten sollte, wird das wahrscheinlich auch wieder eine Mod-Band sein. Als Mod-Band hat man eben einen bestimmten Stil zu pflegen, und dazu gehört auch, sich vom linksliberalen Pop-Mainstream abzugrenzen. „Wir kämpfen mit euch, Rote Flora!“, so einen Satz überlässt man lieber jemandem wie Campino.
Es ist bestimmt nicht leicht, eine coole Mod-Band zu sein. Schon die Mod-Bands in den Sechzigern hatten da so ihre Probleme, weil sie auch in den bestgeschnittenen Anzügen nie so lässig aussahen wie die Soulsänger, denen die Liebe der Mods gehörte. Auch Superpunk betonten immer, dass sie den Soul in ihren Indierock bringen wollten. Auf den Platten klang es dann aber doch eher nach weißem Rock als nach schwarzem Soul, ja, es klang nicht einmal nach Blue-Eyed-Soul.
Irgendwie sind Superpunk also tragisch gescheitert, und doch machen die Liga der gewöhnlichen Gentlemen einfach da weiter, wo die Vorgängerband aufgegeben hatte. Carsten Friedrichs ist großer Fan des deutschen Schauspieler-Originals Werner Enke, das erklärt er auch noch einmal dem Publikum im gut gefüllten Bi Nuu. Dorthin ist die Liga ausgewichen, weil der Festsaal, wo erst Superpunk, nun die Liga seit 2008 am Jahresende auftraten, nicht mehr ist.
Das Scheitern umarmen
Werner Enke wurde bekannt durch „Zur Sache, Schätzchen“, an der Seite von Uschi Glas, und spielte sich dann durch Filme mit kuriosen Titeln, die Friedrichs genussvoll rezitiert, etwa „Nicht fummeln, Liebling“ oder „Nicht mit mir, Du Knallkopp“. Enke galt als einer, der das eigene Scheitern immer gerne umarmte. Friedrichs scheint es wie sein Vorbild angehen zu wollen.
Dann spielen die gewöhnlichen Gentlemen wieder ihren Hamburger-Schule-Indie-Rock mit deutschen Texten. Gut, es wird schon etwas getan, um anders zu klingen als eine durchschnittliche Indiekapelle und gemeint ist damit nicht, dass man jetzt eine Ukulele oder so etwas herausholt, wie das bei jüngeren Vertretern des Indie-Genres so in Mode ist. Nein, es gibt vielmehr hier mal einen Tupfer Ska-Rhythmus, dort mal einen Orgelsound, hier mal das Blöken eines Baritonsaxofons. Und irgendwann wird jemand nach vorne gebeten, um zum nächsten Stück doch bitte einen Twist zu tanzen. Das Stück dazu klingt auch wirklich so, dass man dazu Twist tanzen kann.
Aber letztlich erweisen sich auch Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen als eine Band, die von ihrem Publikum eher wegen ihrer Haltung als wegen ihrer Musik geliebt wird. Ein Ü-30-Publikum findet sie gut, weil es das Gefühl hat, mit denen da vorne würde man sich gern mal über Fußball und Motown unterhalten. Und es findet sie gut, weil man die Entertainerqualitäten des auch für Hamburger Verhältnisse überdurchschnittlich schlagfertigen Carsten Friedrichs einfach gut finden muss. Das nächste Konzert der Liga könnte wieder im Festsaal Kreuzberg stattfinden, wenn es beim Baubeginn im Sommer bleibt.