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Archiv-Artikel

Keine Allianz fürs Leben

Deutschlands größter Versicherer will Nordrhein-Westfalen aufgeben. Rund 1.800 Arbeitsplätze in Köln, Aachen und Dortmund sind bedroht. Landesregierung will Gespräche führen

VON PASCAL BEUCKER

Auch die eindringlichen Appelle des Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma haben den Vorstand der Allianz nicht beeindrucken können. Unter einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert gab gestern Vormittag ein Vertreter der Konzernspitze auf einer Belegschaftsversammlung bekannt, dass Deutschlands größter Versicherer den Kölner Standort mit seinen 1.297 Beschäftigten ab Anfang 2008 komplett dicht machen will. Ebenfalls vor dem Aus steht die Dortmunder Krankenversicherungsniederlassung mit ihren 352 Vollzeitstellen. Zusammen mit den 118 Stellen des Nebenstandorts der Sachversicherung in Aachen, dessen Schließung schon seit längerem feststeht, sind das fast 1.800 Arbeitsplätze, die gestrichen werden sollen.

„Damit würde Nordrhein-Westfalen von der „Allianz-Landkarte“ verschwinden“, sagte die Kölner Betriebsrätin Gabriele Burkhardt-Berg. Auch Kölns OB Schramma zeigte sich „entsetzt“ von der Unternehmensentscheidung. Schramma hatte dem Münchner Konzern in den vergangenen Wochen wiederholt Hilfe bei der Entwicklung des Standorts Köln angeboten. Vergeblich. Die Entscheidungen hätten nichts mit den Bedingungen vor Ort zu tun, sondern seien von strategischer Bedeutung, beschied ihm die Allianz nur kühl.

Die Kölner Belegschaft will die geplante Standortschließund allerdings „nicht kampflos hinnehmen“, kündigte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzenden Wolfgang Tesch an. Am 28. Juni werde auf einer Betriebsversammlung über das weitere Vorgehen beraten. „Mit allen Mitteln“ werde seine Gewerkschaft gegen den Stellenkahlschlag vorgehen, gab sich der Kölner Ver.di-Sekretär Rainer Klein kämpferisch.

Auch die schwarz-gelbe Landesregierung versprach, aktiv zu werden. Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) werde „unverzüglich Gespräche mit den Verantwortlichen der Allianz aufnehmen“, sagte ein Ministeriumssprecher der taz. Ziel sei, „die vorgesehenen Maßnahmen abzumildern“.

Der SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Hannelore Kraft allerdings reicht das nicht. Sie sieht Jürgen Rüttgers persönlich in der Pflicht: „Der Ministerpräsident ist jetzt gefordert, sich für die Arbeitsplätze bei der Allianz insbesondere in Nordrhein-Westfalen einzusetzen.“ Mit Verweis auf den Rekordjahresüberschuss von 4,4 Milliarden Euro, die der Konzern 2005 eingefahren hatte, kritisierte Kraft darüber hinaus die Allianz-Pläne scharf: „Den Bürgerinnen und Bürgern erschließen sich solche Vorstandsentscheidungen nicht mehr, die allein das shareholder-value im Auge haben.“

Doch die Allianz ist nicht die einzige Baustelle, die der Landesregierung kräftig Probleme bereitet. Ob Bayer, Gerling/Talanx und Opel – ein Großkonzern nach dem anderen plant den drastischen Personalabbau in NRW. Und in den Belegschaften rumort es kräftig. So wirft der Bochumer Opel-Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel Schwarz-Gelb Untätigkeit beim Kampf um den Erhalt der bedrohten Arbeitsplätze vor (siehe Interview unten). Genau ein Jahr nach seiner Regierungsübernahme hat Jürgen Rüttgers, den selbst ernannten „Vorsitzenden der Arbeiterpartei in Nordrhein-Westfalen“, die Realität bitter eingeholt.

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