: Alles tutti dank Totti
Ein dezimiertes Italien schummelt sich ins Viertelfinale durch ein spätes 1:0 gegen allzu einfallslos agierende Australier
AUS KAISERSLAUTERN ANDREAS RÜTTENAUER
Ja, er wurde wieder gesichtet, jener böse Geist, der den italienischen Fußball bisweilen so hässlich machen kann. Italien mauerte sich gestern in Australien zu einem 1:0 gegen Australien und mit dem Sieg ins Viertelfinale. Den entscheidenden Treffer erzielte Franceso Totti per Elfmeter in der Nachspielzeit. Allerdings war die defensive Taktik verständlich: Seit der 50. Minute mussten die Italiener, nach einem Platzverweis gegen Marco Materazzi, zu zehnt spielen.
Dabei hatte Trainer Marcello Lippi, der seit seinem Amtsantritt immer wieder das hohe Lied auf den Offensivfußball angestimmt hatte, gegen Australien drei Stürmer auflaufen lassen. Luca Toni, Alberto Gilardino und Alessandro Del Piero standen in der Startaufstellung. Francesco Totti, der teilfitte Rehapatient, saß auf der Bank.
Doch der Sturm harmonierte nicht. Alberto Gilardino war wieder einmal zu eigensinnig und übersah, wenn er im Strafraum an den Ball gekommen ist, den meist besser postierten Toni so lange, bis dieser richtig sauer wurde. Immer wieder giftete er seinen Sturmpartner an. Auch Alessandro Del Piero, der ein paar Meter hinter Toni und Gilardino spielte, wies den selbstbezogenen Stürmer des öfteren lautstark zurecht. Lippi sah ein, dass der zerstrittene Dreierhaufen so nicht weiterarbeiten konnte und ersetzte Gilardino in der Pause durch Vincenzo Iaquinta. Als der das erste Mal an den Ball kam, drosch er ihn mit Gewalt über das Tor, während Toni auf ein Zuspiel wartete. Der Ärger schien weiterzugehen.
Erst die Rote Karte, die Materazzi wegen eines Fouls am kraftvoll Richtung Tor stürmenden Australier Marco Brecsciono erhielt (50.), beendete den Streit. Lippi wechselte Toni aus und Verteidiger Andrea Barzagli ein. Das Heft des Handelns überließen die Italiener den Australiern. „Es war nicht anders möglich“, wie Lippi nach dem Spiel meinte. Jetzt war er wieder gefragt, der Geist des Catenaccio. Die Italiener zogen im Mittelfeld eine Dreierkette auf, dahinter spielten die vier Verteidiger, an denen die Australier so gut wie nie vorbei kamen. Als Empfänger für die Befreiungsschläge aus der Abwehr wurde Totti für Del Piero eingewechselt. Und mit ihm kam so etwas die die dritte Wende im Spiel.Plötzlich hatten die Italiener einen Spielmacher, plötzlich konnten sie die Bälle wieder halten. Und ab und an gelangen sogar richtige Spielzüge. Bei einem stolperte in der fünften Minute der Nachspielzeit Fabio Grosso über den Rücken eines australischen Verteidigers – im Strafraum. Totti verwandelte den Elfmeter. Die Pfiffe zeigten: Die meisten im Stadion waren der Meinung, einen hässlichen Sieg der Italiener gesehen zu haben.
Italien: Buffon – Zambrotta, Cannavaro, Materazzi, Grosso – Gattuso, Pirlo, Perrotta – Del Piero (75. Totti) – Gilardino (46. Iaquinta), Toni (56. Barzagli)Australien: Schwarzer – Moore, Neill, Chipperfield – Wilkshire, Grella, Cahill, Culina – Sterjovski (81. Aloisi), Bresciano – Viduka Schiedsrichter: Medina Cantalejo (Spanien) Zuschauer: 46.000 (ausverkauft)Tor: 1:0 Totti (90 + 5, Foulelfmeter)Gelbe Karten: Grosso, Gattuso, Zambrotta / Grella, Cahill, WilkshireRote Karte: Materazzi (50., wg. Foulspiel) / –