: Finanzministerium prüft höhere Steuern
Zur Finanzierung des Sozialsystems kommt eher die Einkommensteuer in Frage, als die Mehrwertsteuer
BERLIN taz ■ Eine große Idee wird gerade etwas heruntergekocht – die Steuerfinanzierung des Gesundheitssystems. Nachdem die SPD-Führung in der vergangenen Woche den Gedanken ins Spiel gebracht hatte, bis zu 45 Milliarden Euro aus zusätzlichen Steuern aufzubringen, sagte Kanzlerin Angela Merkel am Wochenende: „Das kann man vergessen.“
Nicht nur zum Umfang, sondern auch zur Herkunft des Geldes gab es Präzisierungen. Es soll eher aus direkten, als aus indirekten Steuern stammen, erklärte gestern ein Sprecher von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). Das heißt, dass Union und SPD nicht offensiv mit einer weiteren Erhöhung der Mehrwertsteuer kalkulieren. Die „indirekte“ Steuer auf den Kauf fast aller Güter und Dienstleistungen soll zum 1. Januar 2007 ohnehin erhöht werden – was viele Volkswirte und Bundesbürger für falsch halten. Eine weitere Anhebung der Mehrwertsteuer komme nicht in Betracht, sagte denn auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil.
Bleiben also „direkte“ Steuern, die beispielsweise auf die Einkommen erhoben werden. Der Koalitionsausschuss hat das Bundesfinanzministerium mit der Prüfung beauftragt. Wieder hoch mit den Steuersätzen, die Rot-Grün erst stark gesenkt hat? Einführung eines Steueraufschlags entsprechend dem Solidarzuschlag für Ostdeutschland („Gesundheitssoli“)?
Auch höhere Steuern auf Besitz und Vermögen kommen grundsätzlich in Betracht. Die Erbschaftssteuer muss nach einem für die nächsten Monate erwarteten Spruch des Bundesverfassungsgerichtes ohnehin neu geregelt werden. In diese Kategorie fällt auch die Grundsteuer auf den Erwerb von Immobilien. Das Schöne an Häusern aus der Sicht des Finanzamts: Sie können nicht über die Grenze ins Ausland flüchten. Man kann sie daher besser besteuern als Kapitalerträge.
Die stärkere Finanzierung des Sozialsystems aus Steuern, statt aus Sozialbeiträgen hat einen entscheidenden Vorteil: Die Lohnnebenkosten der Arbeit sinken, die Einrichtung neuer Arbeitsplätze wird für die Unternehmen billiger. In Schweden und Finnland ist das Finanzierungssystem dementsprechend aufgebaut – und diese Länder fahren gut damit .
HANNES KOCH