: Niemand will Knast
NRW braucht ein Großgefängnis, aber wo soll es hin? Die Ratinger winken ab – lieber wollen sie ein Gewerbegebiet
Ratingen will nicht. Die Stadt wehrt sich dagegen, dass auf ihrem Gebiet ein Knast gebaut wird – wie zuvor bereits Duisburg. Der Bitte der Düsseldorfer Bezirksregierung um Zustimmung zu dem Bauvorhaben, erteilte der Rat der Stadt Ratingen Anfang dieser Woche eine klare Absage. Damit geht der Streit um den Neubau der viertgrößten Justizvollzugsanstalt (JVA) von Nordrhein-Westfalen, deren Fertigstellung mit Zellen für 850 Häftlingen eigentlich für 2007 geplant war, in die nächste Runde.
Dabei war für die Bauherrin – die Düsseldorfer Bezirksregierung – schon alles klar. Die Behörde braucht ein neues Gefängnis, das die marode Düsseldorfer Justizvollzugsanstalt Ulmer Höh‘ sowie zwei Zweigstellen der JVA Duisburg-Hamborn und Oberhausen ersetzen soll. Als Standort hatte man sich ein ehemaliges Kasernengelände an der Autobahn 44 ausgeguckt. Auch für Justizministerin Ministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) ist das Gelände erste Wahl. „Das Grundstück ist ideal“, sagt ihr Sprecher Ralph Neubauer.
Ende letzten Jahres schien dann alles unter Dach und Fach zu sein. Doch plötzlich bevorzugte Ratingens Bürgermeister Harald Birkenkamp (Bürger Union) die Nutzung des Geländes als Gewerbegebiet – was es laut Bebauungsplan auch ist. Ein weiterer Grund für die Ratinger Kehrtwende soll sein, so munkelt man, dass das Projekt gemeinsam mit einem privaten Investor realisiert werden sollte. Es wäre das erste Mal in NRW, dass eine JVA im Rahmen eines Public-Private-Partnership-Modells (PPP) betrieben würde. So sollen in den kommenden 25 Jahren 50 Millionen Euro eingespart werden.
Jedenfalls kam Ratingens Bürgermeister Anfang des Jahres zu den Verhandlungen mit Düsseldorfs Bürgermeister Joachim Erwin und Ministerin Müller-Piepenkötter und forderte Entschädigung für das entgangene Gewerbegebiet: Vom Land wollte er 6,5 Millionen Euro, von der Landeshauptstadt 35,7 Millionen. Als „absurd“ wies das Land die Forderungen zurück – und die Justizministerin schickte eine Drohung hinterher: Das PPP-Modell wollte sie sterben lassen. Wenn aber das Land die JVA alleine baut und betreibt, kann die Kommune kein Veto mehr einlegen.
Wie die Bezirksregierung nach dem Widerspruch aus Ratingen nun weiter vorgeht, ist unklar. Für das Justizministerium stellte Sprecher Neubauer aber schon Mal fest: „Wir sehen keine realistische Alternative mehr zu Ratingen.“ STEPHAN GROßE