piwik no script img

Archiv-Artikel

„Wayne hat sich gern daneben benommen“

Zu Deutschland hat der englische Nationalstürmer Wayne Rooney eine besondere Beziehung: Sein Onkel Martin lebt seit 1973 in Bremen. Ein Gespräch mit dem 57-Jährigen über seinen wilden Neffen und dessen gebrochenen Fuß, über Familienquerelen und irische Vorfahren – und über die englischen Aussichten beim Achtelfinalspiel heute gegen Portugal

taz: Mister Rooney, klären Sie uns bitte über das Verwandtschaftsverhältnis zu Wayne auf.

Martin Rooney: Waynes Mutter ist meine jüngere Schwester.

Und wie sind Sie nach Deutschland gekommen?

Ich habe in England Germanistik und Philosophie studiert und bin 1973 nach Bremen gegangen, um meine Doktorarbeit zu schreiben. Nach Bremen auch deshalb, weil ich Bert Trautmann von Manchester City schon als Kind bewundert habe. Der kommt ja ursprünglich aus Bremen. Deutsch habe ich über das Studium Lessings und Heines, aber vor allem auch durch den kicker gelernt. Heute arbeite ich als Autor und Übersetzer.

Sorry, aber einen Geisteswissenschaftler in Wayne Rooneys Verwandtschaft hätte man nicht unbedingt erwartet.

Vielen Dank für diese sehr höfliche Umschreibung. Es war so, dass meine Familie Mitte des 19. Jahrhunderts von Irland nach England ausgewandert ist. Ein Teil des Clans ist nach Liverpool gegangen, ein anderer nach Manchester. Es gab einige Familienturbulenzen, inzwischen hat es sich beruhigt.

Wann haben Sie Wayne zuletzt gesehen?

Ich war leider im vergangenen Winter sehr krank, so habe ich zwei Familienfeiern verpasst. Zuletzt habe ich ihn getroffen, als er ein Kind war. Aber Wayne hat während meiner Krankheit zweimal angerufen und mir die besten Genesungswünsche aufs Band gesprochen.

Hat er sich die ersten Tricks von Ihnen abgeschaut?

Das nicht, aber vielleicht die Begeisterung. Ich bin einen Steinwurf vom ManU-Stadion aufgewachsen, habe dort George Best, Bobby Charlton und all die anderen gesehen.

Wie haben Sie Wayne in Erinnerung? Hat er ständig die Kaffeetafel zerschossen?

Na ja, er hat sich gerne daneben benommen und war der Vernunft nicht immer zugänglich. Andererseits muss man sagen, dass er schon immer sehr willensstark war.

Ein BBC-Reporter hat einmal gesagt, Wayne wäre Hooligan geworden, wenn er es im Profifußball nicht geschafft hätte.

Also, er ist ja auch auf dem Platz ein bisschen ein Hooligan. Er hat das Temperament von seinen irischen Großvätern.

Was ging in Ihnen vor, als sie von seinem Fußbruch erfahren haben? Wayne musste wochenlang pausieren.

Ich habe gedacht: Scheiße. Bis zu seiner Verletzung hatte ich England als Geheimfavorit hinter Brasilien auf dem Zettel. Aber so? Immerhin kann er wieder mitspielen.

Wie verfolgen Sie die WM und wem drücken Sie die Daumen?

Ich halte selbstverständlich zu England.INTERVIEW: SVEN BREMER

GEFUNDEN IN … RUND – das Fußballmagazin, Ausgabe 07/06; www.rund-magazin.de