Kirchen zu Synagogen : Ein guter – erster – Schritt
Man könnte es für einen völlig normalen Vorgang halten: Evangelische Gemeinden schrumpfen, jüdische wachsen. Also macht man Immobiliengeschäfte miteinander, um den beiderseitigen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.
Kommentarvon Jan Kahlcke
Aber was sich so nüchtern anhört, wäre noch vor ein paar Jahren ein Tabubruch gewesen: Geweihte Räume quasi an die Konkurrenz abzugeben – darüber war bei den Lutheranern zunächst einiges zu reden. Per Church-Sharing mit afrikanischen christlichen Gemeinden hat man sich herangetastet.
Es ist ein doppelt gutes Zeichen – zum einen belegt es einmal mehr, dass Juden 60 Jahre nach dem Holocaust in Deutschland wieder eine Zukunft sehen. Zum anderen zeigt es auf Seiten der evangelischen Kirche eine Offenheit weit ab von früheren Alleinvertretungsansprüchen.
Alles eitel Sonnenschein also? Nein. Man muss sich nur einmal vorstellen, welchen Aufruhr es gegeben hätte, wenn die Kirchenkäufer Muslime wären. Dass eine christliche Kirche zur Moschee wird, ist bis heute unvorstellbar, und zwar nicht nur für praktizierende Christen. Erst wenn auch das Normalität ist, wenn die ersten Muezzine von Kirchtürmen rufen, wird es einen Umgang auf Augenhöhe unter den Religionsgemeinschaften geben.
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