Bisweilen allzu schräg

EISKUNSTLAUF Das deutsche Eistanzpaar Nelli Zhiganshina und Alexander Gazsi hat nicht nur gute Erfahrungen mit Preisrichtern. Auch deshalb rechnen sie sich nicht viel aus bei der EM in Budapest

BERLIN taz | Nelli Zhiganshina und Alexander Gazsi lieben schräge Nummern. In diesem Winter bestreiten die fünffachen deutschen Meister im Eistanz ihre Wettkämpfe mit einer skurrilen Liebesgeschichte: Ein zerstreuter Professor liebt ein Mädchen. In einer falsch geknöpften 50er-Jahre-Weste, Fliege, Zwickel wirbt der 29-jährige Gazsi um die Gunst der 26-jährigen Zhiganshina, mit der er seit sieben Jahren ein Eistanzpaar bildet. Auch im realen Leben gehen die beiden gemeinsame Wege.

Fragt man sie nach ihren Zielen für die EM, die morgen in Budapest ausgetragen wird, erhält man eine banale Antwort: „Wir wollen zwei fehlerfreie Programme zeigen“, sagt Gazsi. Dann zeigt er auf das kurze Ende der Eisfläche im Berliner Erika-Heß-Eislaufstadion und fügt hinzu: „So etwas wie hier wollen wir nicht noch mal anstellen.“ In dem Stadion ist das Duo im Dezember die deutschen Meisterschaften gelaufen und an dieser Stelle gestürzt. Beim Einlaufen und in der Kür. Bei einer Hebung, die sie normalerweise aus dem Effeff beherrschen.

Welche Platzierung soll es bei der EM werden? Es scheint ein wenig, als wären die Vorjahressechsten wütend über die Frage. „Zu Olympia wollen wir in die Top Ten laufen. Aber für die EM nehmen wir uns nichts vor. Da haben wir keinen deutschen Preisrichter dabei“, sagt Gazsi. Schon öfter fühlten sich die beiden Tänzer mit den eigenwilligen schrägen Choreografien von den Preisrichtern ungerecht bewertet. Vor fünf und vier Jahren haben sie sich um den deutschen Meistertitel betrogen gefühlt und hatten gleich eine Erklärung dazu gehabt: Nelli Zhinanshina hatte damals noch keinen deutschen Pass und war bei Olympia nicht startberechtigt. Auch bei Grand-Prix-Entscheidungen fühlte das Paar sich schon ungerecht bewertet, weil die Preisrichter sich „erst mal an unseren Stil mit Slapstickeinlagen gewöhnen mussten“.

Nach jahrelangem Tauziehen mit den Behörden hat die gebürtige Russin seit November einen deutschen Pass. In den Anfangsjahren ihrer Eispartnerschaft mussten die beiden in Moskau trainieren, weil die deutsche Meisterin keine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland bekommen hatte. „Ich freue mich riesig über den deutschen Pass“, sagt die Tänzerin. Wie es sich anfühlen wird, als Deutsche zu Olympia in ihr Herkunftsland zu reisen, das „wird eine interessante Erfahrung für mich werden“, sagt sie der taz. Die EM in Budapest ist ihre erste Auslandsreise als deutsche Staatsbürgerin. MARINA MAI