: Beulen in Athen
Nach der verpassten WM-Qualifikation droht Griechenland nun die internationale Sperre. Bis 15. Juli müssen nach einem Fifa-Ultimatum die Querelen um den Verband beigelegt sein
VON ARNO FRANK
War es früher der Papst, so ist es heute der ähnlich allmächtige Fifa-Präsident, der Verstöße gegen seine Regeln mit Exkommunikation bestrafen kann. „Wenn sich keine Änderungen abzeichnen“, sagte Joseph Blatter am Dienstag nach einer Dringlichkeitssitzung in Berlin, „werden die griechischen Mannschaften und Schiedsrichter mit einem Bann belegt.“
Schon am Montag hatte die Fifa den griechischen Fußball-Verband (HFF) wegen unerlaubter Einflussnahme politischer Entscheidungsträger in Verbandsangelegenheiten bis auf weiteres suspendiert – was, neben dem Ausschluss griechischer Vereine von internationalen Wettbewerben, auch eine Disqualifikation des von Otto Rehhagel trainierten EM-Titelverteidigers für die kommenden EM-Qualifikationsspiele bedeuten würde. Blatter will diesen „Schuss vor den Bug“ als „Warnsignal an die griechische Regierung“ verstanden wissen. Schon im September 2005 war Griechenland – zusammen mit Portugal und Polen – von der Fifa verwarnt worden, die Autonomie der Ligen, der Schiedsrichter und des Disziplinarwesens zu gewährleisten. Anders aber als in Portugal und Polen sei es in Griechenland „durch einen Minister-Erlass seitdem schlimmer geworden“, so Blatter. Sollte sich bis zum 15. Juli nichts ändern, wird die Suspendierung rechtskräftig und der griechische Fußball weitgehend isoliert – am 19. und 20. Juli müssen die Verbände ihre Clubmannschaften für die europäischen Wettbewerbe anmelden. „Zwei Jahre nach dem Wunder von Portugal werden wir international verschrien“, titelte die Zeitung Apogevmatini, und das Fußballfachblatt Protathlitis sekundierte schlicht: „Schande.“
Tatsächlich hatte sich der konservative Sportminister Giorgios Orfanos vom Fußball-Weltverband nicht von seinen Versuchen abbringen lassen, die HFF-Führung politisch auf Linie zu bringen. Mit seinem Erlass, der die Wahl des HFF-Präsidenten nicht mehr den Regionalverbänden, sondern deren rund 3.000 organisierten Mitgliedern zu überlassen, wollte Orfanos die Abwahl des HFF-Präsidenten Wissilis Gagatsis erreichen.
Gagatsis steht den oppositionellen Linkspopulisten nahe und ist daher dem konservativen Sportminister seit langem ein Dorn im Auge – zumal es in Griechenland an der Tagesordnung ist, die Spitzen relevanter Verbände oder Organisationen nach dem Parteibuch zu besetzen. Sollte sein Widersacher nicht weichen, drohte Orfanos dem HFF überdies mit der Streichung sämtlicher staatlicher Zuschüsse.
Es sind dies innenpolitische Maßnahmen, auf die die „unpolitische“ Fifa seit je allergisch reagiert. Deshalb richtet sich die Wut der griechischen Öffentlichkeit auch nicht gegen den Weltverband, sondern gegen die beiden Streithähne, deren „Starrköpfigkeit jede Grenze überschritten und den griechischen Fußball in eine Katastrophe geführt“ hätte, wie das angesehene Blatt Ta Nea am Dienstag titelte. „Einige ‚Parteihunde‘ führen Fußball-Griechenland an den Abgrund“, urteilte Griechenlands auflagenstärkste Sportzeitung Sportime.
Nur stramm konservative Blätter wagten es, sich über den Einfluss der Fifa auf innergriechische Angelegenheiten zu beklagen – zu groß ist im Land des Europameisters die Furcht vor den angedrohten Sanktionen, die neben dem Ausschluss des griechischen Fußballs von allen internationalen Wettbewerben auch die Streichung aller Fifa-Gelder und sogar ein Kontaktverbot mit anderen Verbänden umfasst.
Aus Athen kamen denn auch gestern die ersten beschwichtigenden Signale seitens der Verantwortlichen: „Ich bin sicher, dass es keine Probleme mehr geben wird. Wir werden das, was nötig ist, tun“, versprach Orfanos im Hinblick auf das Fifa-Ultimatum und eine dreitägige Parlamentsdebatte über das neue Sportgesetz, die am Dienstag begonnen wurde.
Unversöhnlich reagierte allerdings HFF-Präsident Gagatsis, der nicht an eine Läuterung seines Gegenspielers glauben mag, Fifa hin oder her: „Das neue Sportgesetz ist eine Missgeburt.“