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JÖRG SUNDERMEIER
Freitagnachmittag wird demonstriert, und zwar nicht etwa gegen die Grüne Woche, die Lebensmittelindustrie und die Massentierhaltung, sondern im Gegenteil für all das. Die Gruppe „Pro Fleisch“, die betont, dass ihr Vorgehen ironisch ist, wird vor dem ICC (Neue Kantstraße, 15 Uhr) protestieren, um die dort stattfindende Lobbyveranstaltung „Frische Forum Fleisch“, das anlässlich der Grünen Woche stattfindet, aufs Liebevollste in ihrem Anliegen zu unterstützen – mit der Forderung, die Fleischproduktion ins schier Unendliche zu steigern! Glückliche Kühe und Schweine dürfen selbstverständlich mitgebracht werden!
Am Freitagabend dagegen fragen die Organisator_innen des Roten Freitags im Baiz (Christinenstraße 2, 18.30 Uhr), was der gesetzliche Mindestlohn genau sein soll und warum ihn ausgerechnet die Große Koalition so vehement vertritt. Stimmt es, wie die Führung der Sozialdemokratie landauf, landab verkündet, dass der Mindestlohn das Einkommensniveau der Bevölkerung verbessert, und werden tatsächlich die Freiheiten der Arbeitgeber eingeschränkt? Wird der Mindestlohn gar zu Wohlstand führen? Oder ist seine Einführung ein probates Mittel, um von anderen Problemlösungen, die radikaler wären, abzulenken? Dient der Mindestlohn gar der „Standortsicherung“? Diesen Fragen soll nachgegangen werden.
Am Montag dann ergibt sich im Mehringhof (Gneisenaustraße 2a, 19.30 Uhr) für den Autor Paco Ignacio Taibo II. einmal wieder die Möglichkeit, seine Berliner Fans beglücken zu können. Er, der mit dem berühmten Subcomandante Marcos den Roman „Unbequeme Tote“ verfasst hat, doch nicht nur von daher ein politischer Schriftsteller ist, dessen Werke seit Jahren geschätzt werden, wird in einer wilden Performance seinen neuen Roman „Die Rückkehr der Tiger von Malaysia“ vorstellen, ein Piratenepos, das sich nicht in romantischen Klischees verliert.
Am Dienstag schließlich wird in der Humboldt-Universität (Unter den Linden 6, Hörsaal 2002, 20 Uhr) in Anwesenheit des Regisseurs Tim Lienhardt der Film „One Zero One“ gezeigt, in dem die Dragqueens Cybersissy und Babyjane porträtiert werden, dies allerdings in einer Filmsprache, die Dokumentarisches mit märchenhaften fiktiven Elementen verschwimmen lässt. Wie man weiß, soll es in der Kunst ja nicht nur darum gehen, was ist, sondern auch die Frage beantwortet werden, wie es sein könnte. Anschließend gibt es Gelegenheit, den Film mit seinem Macher zu diskutieren.
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